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Bachelor: Und wohin soll die Reise jetzt gehen?

Zwischendrin statt voll dabei

 

Die Phase zwischen Bachelor und Master fühlt sich wieder ein bisschen so an, als hätte man gerade in der Schule die letzte Tangente am Kreis berechnet. Man denkt sich kurzzeitig, dass es endlich vorbei ist und freut sich darauf jetzt etwas Richtiges, etwas Spezifischeres studieren zu können. Seien wir mal ehrlich, der Bachelor ist ein bisschen wie ein Chicken McNugget. Er macht uns schon irgendwie satt aber eben gleichzeitig auch ein bisschen traurig. Wir wissen innerlich einfach, dass wir in fünf Minuten wieder Hunger haben werden und egal was wir tun, die Frage nach dem „Und was esse ich jetzt?“ wird kommen.

Mein Bachelorstudium ist für mich ein solches Chicken McNugget. Es hat kurzzeitig wirklich Spaß gemacht, mich gefordert und mir meinen Horizont auf eine beachtliche Größe erweitert, aber seit ich damit fertig bin, frage ich mich, was als nächstes kommen soll. Diese Zwischenphase fühlt sich schrecklich an. Schrecklich schön und schön schrecklich zugleich. Ich kenne Unmengen an KommilitonInnen, die vor lauter Entsetzen über das Bachelorzeugnis gleich mal angefangen haben, im nächstbesten Master zu studieren. Nur um nicht noch mal darüber nachdenken zu müssen, welcher nächste Schritt jetzt der klügste wäre. Studieren aus dem Affekt heraus sozusagen.

 

Und die Moral von der Geschicht´

 

Fest steht: Die Uni hat definitiv von der Schule gelernt. Keiner von beiden interessiert sich tatsächlich wirklich für das, was wir machen wollen. Keine der beiden Institutionen empfindet es als wichtig, Hilfestellung dabei zu geben, herauszufinden wer wir sind und wer wir werden wollen. „Ist auch nicht deren Aufgabe“, sagen da die einen. „Ich finde schon“, antworte ich da. Wer sich als Bildungseinrichtung bezeichnet, sollte sich bitteschön auch in der Realität um die Bildung kümmern. Persönlichkeitsbildung gehört genauso dazu wie Algebra. Was aber kann man tun, um diese Zwischenphase zu überstehen? Ich für meinen Teil habe eine ganze Weile einfach gar nichts getan. Ich habe meine Unibücher kistenweise in den Keller getragen und bin erst mal in die Sauna gegangen. Das nächste Herbstsemester war ja noch in wohliger Ferne. Huppala, Frist verpasst. Schnell wurde aus einen Saunagang eine Saunaklubmitgliedschaft (Pfui, nicht das was ihr denkt!) und aus dem nächsten Semester das übernächste. Ich hatte einfach große Angst davor einen Fehler zu machen. Freunde ackerten sich derweil durch ihre jeweiligen Master und beklagten sich fortwährend über ihre Entscheidung, zu schnell eine Entscheidung getroffen zu haben. Wir denken immer wir hätten keine Zeit, wir müssten schneller, besser, schöner sein als die anderen, weil wir sonst auf dem Jobmarkt (und eigentlich auch generell im Leben) in die Röhre gucken. Aber glauben wir tatsächlich, dass wir ein Studium erfolgreich beenden können, das uns nicht erfüllt? Oder, dass wir 40 oder 50 Jahre in einem Job arbeiten werden, bei dem wir am Sonntagmorgen schon wieder an Freitag denken?

Nach der Schule hatten die meisten von uns keine Zeit zum Durchatmen. Viele haben stattdessen direkt die nächste Etappe des Lebens begonnen. Nach dem Bachelor sollten wir uns daher einfach mal das nehmen, was in den letzten Jahren oft zu kurz kam: Zeit.

Das ist genau das, was einem diese Zwischenphase schenkt ohne, dass wir es wirklich zu schätzen wissen. Zeit. Zum ersten Mal haben wir wirklich Gelegenheit darüber nachzudenken, was wir wollen, was sich für uns lohnt, worin wir gut sind und, wie unser Leben in den nächsten Jahren aussehen soll. Unsere Generation hat all die Möglichkeiten, die unsere Eltern noch nicht hatten. Sie denkt nur fortwährend, sie hätte keine Zeit um sich zu entscheiden.

 

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Titelbild: Pexels unter CC0 Lizenz