Nadège Fundschler

Nadège war am Brüsseler Flughafen: „Ich hörte direkt über mir einen Knall“

Der Terror des sogenannten Islamischen Staates hat erneut zugeschlagen, diesmal in Brüssel, der Hauptstadt des politischen Europas. Mindestens 34 Menschen verloren am Dienstag ihr Leben, als am Flughafen Zaventem zwei Bomben und eine andere in der Metrostation Maelbeek explodierte. Wir haben mit Nadège Fundschler gesprochen, die durch einen glücklichen Zufall nur haarscharf dem Schlimmsten entgangen ist. Sie war eigentlich mit ihrem Freund auf dem Weg von Berlin nach Dublin, um Familienangehörige zu besuchen und musste am Flughafen in Brüssel umsteigen. Die 27-jährige Deutsche schildert die Explosionen im Flughafen und was danach passierte.

ZEITjUNG.de: Wie hast du den Anschlag am Flughafen erlebt?

Nadège: Wir sind gegen 7.30 Uhr Ortszeit in Brüssel gelandet und mussten weiter zur Gepäckausgabe, da mein Freund und ich unser Handgepäck nicht mit in die Kabine nehmen durften. Es war zu groß für die Größenbestimmungen unserer Airline. Als wir dann unten beim Baggage Claim ankamen, stand ich bei Lost & Found, um unser nicht aufgetauchtes Gepäck zu reklamieren. Plötzlich hörte ich direkt über mir einen heftigen Knall und der Putz fiel von den Dachplatten. Fünf Sekunden später erfolgte der zweite – sehr laute – Knall und Panik machte sich breit. Ich lief los, weg von der Richtung wo die Knaller herkamen und da begriff ich, dass hier was nicht stimmte.

War dir gleich klar, dass es ein Anschlag gewesen sein könnte, als du über dir den Knall gehört hast?

Nein. Ich dachte erst, dass bei Bauarbeiten etwas Schweres runtergefallen sein musste. Beim zweiten Knall dachte ich zwar auch noch nicht an einen Anschlag, aber es war auf jeden Fall Angst einflößend.

Woran hast du dann gemerkt, dass es kein Bauunfall war? An der Reaktion der Menschen im Gebäude?

Besonders an der Reaktion der Menschen und der Mitarbeiter an den Schaltern, die selbst verwundert waren über den zweifachen Knall. Es war einfach sehr laut und wuchtig. Und nach zehn Minuten erzählte mir dann ein Passagier, dass es vermutlich einen terroristischen Anschlag gegeben hat.

Ist dann Panik ausgebrochen? Wie haben die anderen Menschen reagiert?

Ja ein wenig, die Leute fingen an zu laufen, allerdings konnten wir nirgendwo hin. Der Ausgang wurde sofort gesperrt. Wir waren also eingesperrt, aber nicht alle reagierten panisch. Deswegen wusste ich die ersten 15 Minuten nicht, was wirklich vor sich ging; Sicherheitsleute kamen zwar, aber niemand gab uns irgendeine Info, wie wir uns verhalten sollten.

Wie ging’s dir dann damit?

Das Fluchtgefühl hat mich doch sehr eingenommen. Vor allem wollte ich raus, aber es ging ja nicht. Und ich wollte Informationen, jemand der eine Ansage macht, aber das geschah erst nach 20-25 Minuten.

Wie bist du dann in die Turnhalle gekommen?

Erstmal wurden wir von der Polizei aus dem Bereich gelotst und da sah ich erst, dass tatsächlich eine Bombe in die Luft gegangen war. Wasser floss aus der Decke, der Fahrstuhl war wahrscheinlich demoliert, die Glaswand kaputt, Blut sah ich auch auf dem Boden; und zwei blutende Menschen. Dann standen wir erstmal drei Stunden auf dem Besucherparkplatz, ohne Info, nichts. Militär kreuzte auf, viele Polizisten, Feuerwehr. Als dann klar wurde, dass heute nichts mehr gehen wird, brachten uns Flughafenbusse in die nahe gelegene Sporthalle Zaventem. Da wurden wir aber dann gut umsorgt und verpflegt. Andere Passagiere wurden von ihren Airlines später in Hotels gebracht, von meiner Fluglinie habe ich bis jetzt immer noch nichts gehört. Wir haben in der Turnhalle übernachtet und müssen heute mit dem Bus zurück nach Berlin.

Habt ihr euren Koffer bekommen?

Leider nicht. Der ist immer noch im Flughafen, wahrscheinlich bei Lost & Found. So weit haben wir es nicht geschafft, sonst wären wir nämlich zurück zum Check-In gegangen und da ist ja, glaube ich, die Bombe hochgegangen. Also hatten wir Glück, dass es nicht so schnell ging.

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BIldquelle: privat