Teaser Ben Bridwell Band of Horses Gespraech ZEITjUNG

Zum Heiland mit Band of Horses: „Weil du so ein cooler Typ bist! Dein Bon Jovi!“

Von Flora Fährmann

Mein Interview mit Ben Bridwell, Frontmann der Band of Horses, ist das vorletzte des Promotages in Berlin Mit ihrem Megahit „The Funeral“ sind er und seine Band 2006 in den Indie-Olymp aufgestiegen und haben sich seitdem stetig weiterentwickelt. Und nun ist es mittlerweile schon 22.00 Uhr. Ich fürchte, dass Mister Bridwell, im Übrigen Vater von vier Töchtern, wahrscheinlich ziemlich kaputt sein wird vom Dauer-Labern auf die stets ähnlichen Fragen. Stundenlang hatte er sich heute schon dem Kreuzfeuer der Journalisten-Fragen in Berlin gestellt. Der 38-Jährige begrüßt mich trotzdem mit einem breiten Grinsen – eingebettet in einen dichten Bart – und freut sich noch mehr, als ich ihm die Flasche „Heiland“ präsentiere. 

Da unsere Homebase in München ist und der Hopfen und das Bier quasi in unseren Genen verankert sind, habe ich Dir einen HEILAND Doppelbockliqueur mitgebracht. RY X musste den neulich auch schon mit uns beim Interview bechern – Ich war mir jetzt aber nicht sicher, weil Du ja Veganer bist und vielleicht straight edge…

Ben: (lacht laut) Hell no! Nein, den müssen wir natürlich sofort aufmachen! (zieht sein Taschenmesser und öffnet die Flasche) Wollen die nicht, dass wir den trinken oder warum ist der so gut verpackt? Ach, München… da war ich auch mal und ein Bandkollege war so besoffen, dass er nicht mehr ins Hotel zurückgefunden hat. Aber bevor ich jetzt mit solchen Geschichten anfange, erstmal anstoßen und über das neue Album sprechen.

„Why Are You Ok“ hört sich so tiefsinnig an. Was erwartet uns und warum ist das neue Album anders als die Vorgänger?

Den Titel hat eigentlich meine Tochter „erfunden“. Sie ist vier und hat auf dem Handy herumgetippt und da stand dann auf einmal dieser einfache Satz und ich habe bemerkt, dass mein Alltagsleben eine Quelle der Inspiration für mich ist. Ich lebe mit meiner Frau und meinen vier Töchtern und lerne jeden Tag dazu und natürlich ist es manchmal anspruchsvoll genug, Zeit für die Familie zu finden, aber Musiker sein ist eben auch ein Job. Das Album ist anders als die Vorgänger, weil ich jetzt vier Töchter und nicht mehr nur drei habe. Also kauft es bitte! (lacht) Und ich jammere noch ein bisschen mehr darauf herum als auf den vorherigen. Spaß beiseite – ich hatte das große Glück, mit dem großartigen Jason Lytle zusammen zu arbeiten. Mit ihm konnte ich ohne Druck oder Deadline an meinem Album arbeiten und alles hat sich ineinander gefügt. Wir haben uns auch durch verschiedene Umgebungen inspirieren lassen. Ein Teil des Albums ist in der Sonne entstanden, ein anderer im Schnee und ich finde, das hört man auch. Die Jungs und ich haben uns zusammengefunden, um alte und neue Sachen zu spielen und einfach einmal all unsere Ideen zusammen zu führen und zu sehen, wohin es uns führt. Natürlich hat es auch seine Vorteile, bei einem großen Label unter Vertrag zu sein, jedoch habe ich es einfach mal gebraucht, in Ruhe an diesem neuen Album zu arbeiten.

Spielen deine Töchter auch schon Instrumente oder finden die das gar nicht so aufregend, einen Papa als Rockstar zu haben?

Dazu müssten sie erstmal einen Rockstar als Daddy haben, ich bin ja brav. (grinst) Und ja, selbstverständlich interessieren sie sich dafür aber das ist alles noch sehr wechselhaft. Heute wollen sie eine Band gründen und zwei Stunden später Pilateslehrerin wie ihre Mutter sein. Außerdem will man da als Elternteil auch nicht rein reden oder in eine Richtung drängen. Ich bin mein Musikerdasein damals autodidaktisch angegangen, habe viel probiert und mir einige Sachen selbst beigebracht. Das möchte ich den Mädchen nicht nehmen oder ihnen auch die Freiheit geben, etwas gänzlich Neues zu probieren. Ich hatte das große Glück mit meiner Leidenschaft auch Geld verdienen zu können. Das wünsche ich meinen Kindern auch. Und dauernd von so vielen Frauen umgeben zu sein, prägt einen natürlich auch.

Weil du jetzt Frauen besser verstehst oder wieso?

Ja auch. Aber es geht vor allem darum, dass Frauen diese Welt besser machen und einfach geschickter mit Problemen umgehen als Männer. Ich bin der größte Feminist in meiner Familie und versuche, auch im täglichen Leben gegen ungerechte Behandlung von Frauen zu kämpfen. Das Musikbusiness ist richtig beschissen, was das angeht, und das fängt schon bei dummen Sprüchen und kleinen Kommentaren an. Wenn du dann als Mann etwas sagst oder eine Frau verteidigst, muss man sich gleich ein höhnisches „Na, findest du die ganz geil, oder?“ anhören. Es ist traurig, wie heutzutage solche grundlegenden Dinge schon nicht funktionieren können und wenn man sich die politische Landschaft in Amerika ansieht, will man eigentlich sowieso nur heulen und sich überlegen, wo man mit seiner Familie hinziehen könnte.

…naja, wenn es dich „beruhigt“: Wir haben in Deutschland auch gerade keine Freude, wenn wir einen Blick in die Zeitung werfen.

Das macht mich natürlich traurig, aber immerhin habt ihr es schon geschafft, eine Kanzlerin zu wählen. So jemand wie Trump dürfte hier gar nicht antreten. Ich weiß gar nicht, wohin ich ziehen soll, wenn der gewinnt. Aber eigentlich sind die Waffengesetze in den USA schon Grund genug, mich nach einer Alternative umzusehen.