Hassobjekt Bio-Deo

Hassobjekt: Bio-Deo

Jeder kennt sie, jeder hasst sie und doch brauchen wir sie wie die Luft zum Atmen: Nervige Klientele und unnütze Gegenstände des Alltags, über die man sich so richtig schön echauffieren kann – da geht es den ZEITjUNG-Autoren nicht anders. Deshalb lassen wir unserer Wut in der Reihe „Hassobjekt“ einfach freien Lauf und geraten immer montags in Rage. Eins ist sicher: Nichts ist uns heilig und keiner wird verschont. Dieses Mal auf der Abschussliste: „Bio-Deo“.

Ein Hassobjekt von Katharina Kunzmann. Illustriert von Lotte Düx.

 

„Also irgendwas riecht doch hier komisch, oder?“ Ja, das ist vollkommen richtig. Was hier in der Luft liegt, ist der beißende Geruch einer gutgläubigen Idiotin.

Alles begann ganz harmlos. An einem verregneten Sonntag ließ ich mir von aalglatten Beauty-Youtuberinnen die fabelhafte Welt der Kosmetik erklären. Aus mir unerklärlichen Gründen sehe ich diese Videos gern. Sie beruhigen mich. Und im Normalfall bleibt meine Leidenschaft für Shampoo und Lippenstift folgenlos. Aber diesmal war es anders. Eine super-kompetente Deodorant-Expertin hat mir das Hirn und die Achseln vernebelt.

 

Gelernter Diplom-Deodorant

 

Mit grellpink bemalten Lippen erklärte sie mir, was bei der Auswahl eines Deos alles zu beachten sei. Als Erstes muss es natürlich alkoholfrei sein. Sonst bekommt man immer so trockene Haut und es brennt ganz doll nach dem Rasieren. Dann dürfen auf keinen Fall Aluminiumsalze drin sein, das soll das Brustkrebsrisiko steigern. Duftstoffe sind verboten, davon bekommt man Allergien. Es darf kein Erdöl verarbeitet sein, keine Parabene enthalten und natürlich muss es ein Roll-On-Produkt sein: Sprühdeos sind der Satan und erwärmen die Erde allein durch ihre Existenz. Und weil man gefälligst „voll viel Wert auf Bio“ legen sollte, sind nur biologische Inhaltsstoffe drin.  Die selbsternannte Beauty-Expertin hatte wirklich gute Argumente für ihre Deo-Regeln und überzeugte mich. Ich wollte nun auch himmlisch, makellose Achseln – und diese mit gutem Gewissen besprühen.

 

Ultra sensitives Weichei-Spray ohne Alles

 

„Vielleicht gibt’s auch ein Fair-Trade-Produkt?“, grüble ich, während ich am nächsten Tag zum Laden laufe. Im Drogeriegeschäft präsentiert sich eine unerschöpfliche Auswahl an Deos. Von Himbeer-Cupcake bis Luder-Magnet – die Industrie ist einfallsreich. Aber nicht mit mir! Schließlich hatte ich einen Plan: Meine Deo-Auswahl würde mich schön und gesund machen und vor allem die Welt verbessern. Fündig wurde ich dann in der Apotheke. Stolz nahm ich einen ultra sensitiven Weichei-Roller aus dem Regal und bezahlte stolze 23 Euro dafür. Für diesen Kauf wurde ich vom Achsel-Gott hart bestraft.

 

Beim Auftragen war ich noch positiv überrascht. Ließ sich gut verteilen, roch nach nichts: ideal! Aber dann ging das Desaster los: Und machen wir es kurz – die Natur nahm ihren Lauf. Ich schwitzte, wie Menschen im Hochsommer nun mal schwitzen. Aber der Geruch, der dabei entstand, war neu. Ich wusste bis dahin gar nicht, zu welchen aromatischen Meisterleistungen mein Körper fähig war. Und ich wünschte mir nichts sehnlicher als 72-Stunden-Stay-Dry-Hilfe. Enttäuscht warf ich meine „Ich verbessere die Welt“-Vorsätze über Bord und gestand mir ein, dass ein paar Wirkstoffe dem Bio-Deo gut getan hätten.

 

Reumütige Rückkehr

 

Eigentlich schade, denn die Absicht war wirklich eine gute. Aber mir kam eine Erkenntnis: Wer sich auf dem Heimweg noch schnell Glutamat-Nudeln beim Asiaten umme Ecke mitnimmt und seinen Körper mit Konservierungsstoffen, Geschmacksverstärkern und Farbstoffen zuknallt, braucht nicht unter den Achseln die heilige Maria zu spielen. Wenn ein Produkt scheiße ist, dann darf man es hassen – selbst dann wenn es von „den Guten“ ist. Ich habe beschlossen, dass nun nur noch harter Stoff aus einer SPRÜH-Flasche unter meine Achseln kommt. Kann sein, dass mich mein Chemie-Deo früher dahinrafft als ein Bio-Deo. Aber wenn ich sterbe dann rieche ich unterm Arm wenigstens nach Blumenstrauß.