Joanna Stein Sex Kolumne

Frag Joanna! „Wie normal ist es, Pornos zu gucken?“

Die Frage: Ich (m, 24) bin seit einem Jahr mit meiner Freundin zusammen. Wir wohnen nicht zusammen, aber sie hat einen Schlüssel zu meiner Wohnung. Letztens kam sie spontan vorbei, als ich grad einen Porno laufen hatte. Sie hat erstmal nichts gesagt, und als ich sie gefragt habe, ob sie ein Problem damit hat, gemeint, es sei schon ok.

Seitdem hat sie sich aber immer mehr von mir zurückgezogen und lässt mich auch kaum noch körperlich an sie ran. Gestern hab ich sie darauf angesprochen, und sie meinte dann, sie sei irgendwie angewidert von der Vorstellung, dass mich Pornos heiß machen, sie findet das total eklig und kann nicht verstehen, warum mich das anmacht.

Ich hab jetzt ein total blödes Gefühl. Irgendwie schäm ich mich ein bisschen, andererseits find ich auch, dass sie es ein bisschen übertreibt. Vor der Sache waren wir ziemlich glücklich und ich will gerne mit ihr zusammen bleiben! Was kann ich denn machen?

Die Antwort: Das ist eine doofe Situation und völlig verständlich, dass du das jetzt ein ungutes Gefühl hast. Überrascht werden, wenn man grad mit sich selbst beschäftigt ist – und da muss es ja nicht mal um Selbstbefriedigung gehen – ist einfach nicht schön. Da dringt jemand in die eigene Privatsphäre ein und wenn das solche Folgen hat wie bei dir, dann fühlt man sich ganz schnell mal schuldig. Das wäre auch ein Thema, über das man reden könnte, und das solltet ihr vielleicht auch mal tun, jetzt grade steht für dich aber was anderes im Vordergrund.

Ich denke, es gibt keinen Grund sich zu schämen, wenn man Pornos schaut. Da ist erst mal nichts dabei. Klar gibt es die Fälle, in denen der Konsum überhand nimmt oder andere unangenehme Folgen hat, und die Kritik, dass die meisten Pornos ein Machtverhältnis zugunsten der Männer darstellen, ist auch nicht ganz unberechtigt. Trotzdem dient das Anschauen eines Pornos meistens dem Zweck einer kurzen Befriedigung und die Bilder der dafür notwendigen Erregung.

 

Sag ihr, warum du Pornos guckst!

 

Bei deiner Freundin mag durch die Tatsache, dass du das brauchst, der Eindruck entstanden sein, dass du mit eurer Sexualität nicht zufrieden bist. Vielleicht hat sie auch das Gefühl, dass sie dir nicht gerecht werden kann, weil sie manche Sexualpraktiken vielleicht nicht gerne machen mag, aber gesehen hat, dass zumindest in bewegten Bildern gut findest.

Du könntest damit anfangen, ihr zu erklären, was du dir da ansiehst. Wenn da Dinge dabei sind, die du zwar erregend findest, die du aber im echten Leben nie machen wollen würdest, dann benenn das auch so. Mach dir auch noch mal Gedanken, warum du dir Pornos anschaust und welche Funktion das für dich hat. Und sag ihr das auch. Wenn da wirklich etwas dabei sein sollte, was nicht so rund läuft, dann gesteh das auch ein. Klarheit kann sie eventuell schon entlasten und ihr Sicherheit vermitteln, dass da kein Hintergehen stattfindet, sondern etwas, das mit ihr gar nicht viel zu tun hat und damit keine Gefahr für eure Beziehung darstellt. Möglich, dass ihr auch gar nicht so klar ist, wie viel sie dir bedeutet, auch da kann eine Bekräftigung also nicht schaden!

 

Lesen statt gucken

 

Ich kann mir auch vorstellen, dass sie selbst noch nicht die Erfahrung gemacht hat, mittels Medien Lust auf sexuelle Befriedigung zu entwickeln. Das wäre also eine weitere Idee, um bei ihr ein wenig Verständnis dafür zu fördern. Gemeinsam einen Porno zu gucken ist ja gerade eine schlechte Idee, aber zusammen erotische Literatur lesen ist vielleicht drin!

Männer und Frauen reagieren in Bezug darauf, was sie anmacht, auf unterschiedliche Reize. Während bei Männern eher visuelle Reize zum ziehen, finden die meisten Frauen das Hören oder Lesen von Geschichten anregender. Vielleicht hat sie in der Richtung ja schon was im Regal stehen, und wenn nicht, dann kauf ihr doch einfach mal eins und leite damit euer Gespräch ein.

Pass den nächsten ruhigen Moment ab, und dann raus mit der Sprache!