Sebastian Schramm Krebs Kolumne

Fürs Erste Krebs: Episode #1

Erleichtert, vielleicht sogar euphorisch

 

Ich greife die Hand von Mama. Es ist grotesk: Ich erhalte endgültig die Diagnose Krebs, mit 25 Jahren, mein Leben hat noch gar nicht richtig begonnen. Und wir sind erleichtert. Vielleicht sogar ein bisschen euphorisch. Ihre Skizze von der bevorstehenden und intensiven Therapie, die Medikamente, die Einstufung der Schwere der Krankheit, fast alles läuft jetzt an uns vorbei. Nur eines bleibt hängen. „Ihre Chancen, Herr Schramm“, sagt Benjamin mit einem seltenen Lächeln, „sind wirklich exzellent.“

Noch am Morgen dominierte die Ungewissheit. Ärzte stehen für die Visite an meinem Krankenbett. Station M5, Zimmer 9.5.27. Es ist Donnerstag, der 14. April 2016. Viel zu sagen hat der Chefarzt nicht. Ich arbeitete gut mit, die Vortherapie mit Cortison schlage an. Die wichtigste Frage aber kann er mir nicht beantworten: Gibt es schon die endgültige Diagnose? „Herr Schramm, ich denke, spätestens morgen wissen wir, was Sie haben.“

Auf den Tag genau zehn Jahre zuvor ist mein Großvater an Speiseröhrenkrebs gestorben. Natürlich gibt es Zufälle. Und ja: Manchmal dreht man sich Sachen so hin, wie sie einem gerade passen. Um sich besser zu fühlen. Um Dinge zu erklären, die man nicht greifen und verstehen kann. Aber genauso kann es Sinn ergeben zu glauben.

Für mich ist die Diagnose der letzte Gruß von Opa.