Star Wars

Warum es nicht mehr peinlich ist, ein Hardcore-Fan zu sein

Von Ronja Lotz

Darth Vader meets Hello Kitty – Popkulturen Clash auf dem Jutebeutel

 

Die, die früher einsam am Rand des Schulhofs standen, sind heute akzeptierter Teil unseres Freundeskreises. Und spätestens seit der Serie „The Big Bang Theory“ ist es keinem mehr peinlich, sich zur Action-Helden Sammlung oder zum Harry Potter Zauberspruch-Wissen zu bekennen. Geeks, Weirdos und Nerds haben es ähnlich wie Apple vom skurrilen Nerdgadget zum Inbegriff der Hipsterkultur geschafft und prägen mit ihren obsessiven Vorlieben unsere heutige Popkultur.

Ich habe mich mit Katharina, einem bekennenden STAR WARS Fan (selbst würde sie sich NIE als solchen bezeichnen), über die Coolness von Fandom oder auch Fantum unterhalten und sie gefragt, warum manche Phänomene wie STAR WARS über Generationen hinweg funktionieren.

Kathy, du hast deine Geburtstagsparty dieses Jahr kurzerhand ins Kino verlegt. An dem Tag kommt der neue STAR WARS Film raus. Machen das echte Fans so?

Katharina: Klar zählten echte Fans die Tage runter, bis der Film am 17. Dezember erschien. Bis dahin haben sie sich natürlich schon sämtliche Trailers vorwärts und rückwärts angeschaut (lacht). Ich habe allerdings erst am 19. zum großen Kino-Geburtstags-Event geladen. Aber zugegeben, ich freue mich riesig auf den neuen Film.

Seit wann bist du Fan? Und vor allem, von was allem?

Ach, schon seit meiner Kindheit gab es gewisse Obsessionen. Ganz früh schon habe ich zum Beispiel „TKKG“ und „Die drei ???“ auf Kassette gehört und mit sechs Jahren „Fünf Freunde“ das erste Mal geschenkt bekommen. „Die drei ???“ sammle ich heute tatsächlich immer noch. Außerdem war ich eine der ersten, die Harry Potter gelesen haben.
Bei STAR WARS bin ich eigentlich die klassische zweite Generation, die die Saga ab den Prequels – also chronologisch den ersten drei Episoden – mitbekommen hat. So richtig in STAR WARS Details verloren habe ich mich dann mit meinem damaligen Freund als ich 15 war.

Wann hat ein Werk dein Fan-Sein wirklich verdient?

Tja, gute Frage. Zum Beispiel habe ich mir „Twilight“ und „Fifty Shades of Grey“ während dem riesen Hype mal genauer angeschaut – und zwar durch mehrmaliges Lesen. Und ja, ich habe mir den literarischen Softporno-Sado-Maso Schund tatsächlich mehrmals angetan. Bei Twilight kann man wenigstens noch Referenzen auf „Romeo and Juliet“, „Pride and Prejudice“ und „Wuthering Heights“ ausmachen. Die Handlungen und Motivationen der Protagonisten werden parallelisiert und die Figuren reflektieren die Bezüge auch. Bei „Fifty Shades of Grey“ gibt es diese Meta-Ebenen nicht. Der Bezug ist ganz eindeutig Twilight. Das Setting im Bundesstaat Washington im Umkreis der Stadt Seattle ist dasselbe und die Familien der männlichen Protagonisten sind in ihrer Struktur fast identisch. Tatsächlich hatte die Autorin ETL James ja zuvor auch Fan-Fiction, also weiterführende Geschichten, zu der Vampir-Romanze geschrieben, worauf „Fifty Shades of Grey“ basiert. Alles womit man sich identifizieren könnte – und Fandom beginnt zunächst auf dieser Ebene– ist bei „Fifty Shades of Grey“ also eine platte Aschenputtel-Story, die hauptsächlich Frauen ansprechen soll. Je öfter man das liest, desto weniger kann man sich letztendlich damit identifizieren, weil es einfach so billig konstruiert ist. Und zum Schluss ist es dann einfach nur eins, nämlich schlecht geschrieben. Spätestens wenn ein Werk so flach und ideenlos aufgebaut ist, kann ich kein Fan werden. Und Schuld am ganzen Hype war nur eins: sex sells.

Meta-Ebenen und gute Identifikationsansätze sind also immer Voraussetzungen?

Identifikation ist immer der Anfang, ja. Der Besserwisser Justus Jonas von den „drei ???“ war zum Beispiel meine Identifikationsfigur oder Hermine Granger in Harry Potter. Die fiktiven Charaktere waren außerdem immer eingebunden in einen festen Freundeskreis und das war der zweite Punkt, der mich wohl emotional angesprochen hat. Wenn man also immer der ewige Streber ist, dann wünscht man sich auch logischerweise, dass jemand diese nerdigen Züge an einem auch mag und schätzt. Allerdings darf das Ganze nicht eindimensional bleiben. Je besser und komplexer ein Universum konstruiert ist, umso reizvoller ist das Fansein.

Ist das auch der Grund, weshalb „STAR WARS“ seit 1977 funktioniert, während andere Science-Fiction oder Fantasy Phänomene schnell verblassen?

Klar. Ein richtig gutes Werk muss Identifikationsmöglichkeiten auf mehreren Ebenen bieten. Die STAR WARS Saga spricht zum Beispiel verschiedene Zielgruppen an, die es auch in zwanzig Jahren noch geben wird. Menschen, die an Liebesgeschichten, Geballer und Science-Fiction interessiert sind. Für die richtigen Fans ist die Struktur, die Vielschichtigkeit und die Glaubwürdigkeit der Welt entscheidend. Es ist eine Welt, die es in einer „weit, weit entfernten Galaxie“ „vor langer Zeit“ gab, uns aber dennoch bekannt vorkommt. Es ist eine Art Parallelwelt, die gleichzeitig futuristisch und historisch ist. Wie komplex und wie logisch sie aufgebaut ist, entscheidet über den langfristigen Erfolg einer solchen Geschichte. Gleichzeitig ist aber das STAR WARS Universum von George Lucas so offen angelegt, dass unzählige Bausteine angesetzt werden können. Dies Fortsetzbarkein geht bei anderen Werken wie „Herr der Ringe“ auch soweit, dass Fans Phantasiesprachen wie Elbisch lernen können.

STAR WARS funktioniert also schon seit Generationen, weil es sehr offen und vielschichtig gehalten ist. Bestehen muss der erste Film von Disney im Dezember also vor allem vor den eingefleischten George Lucas Hardcore-Fans. Denn die wissen ganz genau, welchen Anschlüsse an die Geschichte überhaupt glaubwürdig oder (im STAR WARS Universum) „realistisch“ sind.

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Ein Hardcore-Fan zu sein, ist heute also völlig ok. Was ist passiert?

Eine wichtige Rolle spielt mit Sicherheit das Internet. Das Fandom wird einfach eher sichtbar und man kann sich schneller austauschen und vernetzten. Vor allem Tumblr und reddit sowie YouTube befeuern die Debatten, was man zum Beispiel bei den Trailers beobachten konnte. Außerdem gehört die Selbstdarstellung auf Social Media mittlerweile zu unserer Kultur dazu. Spätestens seit Harry Potter ist es nicht mehr peinlich, sich intensiv mit einer Serie, einem Buch oder einem Film zu beschäftigen. Ich kenne zum Beispiel kaum einen bekannten YouTuber mit mindestens 5 Millionen Subscribern, der keine Referenzen zur Populärkultur, also auf STAR WARS, Game of Thrones oder Harry Potter zieht.

Was gehört zum Fan-Dasein für dich noch dazu?

Obwohl ich früher STAR WARS Computerspiele gespielt habe, würde ich sagen, dass es weniger um die Gadgets geht, als um das spezifische Wissen. Wenn jemand jeden Planeten geografisch verorten kann oder über die Herkunft der Protagonisten alles weiß – sind das die Fans, vor denen die neuen Franchise-Drehbuchautoren bestehen müssen. Fandon ist also echt komplex und kann nicht einfach adaptiert werden. Ein Hardcore-Fan ist man, oder eben nicht.

Bild: FiDalwood unter cc-by-sa 2.0