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Die Leere nach dem Abschluss: Was folgt auf das Studium?

Von Patricia Hempel

Semester um Semester arbeiten wir darauf hin, endlich den Abschluss in der Tasche zu haben. Die letzte Prüfung ist irgendwann geschrieben, die Bachelor- oder Masterarbeit abgegeben und das Kolloquium hinter sich gebracht. Gehört man nicht zu den eifrigen Menschen, die schon während des Studiums alle Weichen Richtung Berufsleben gelegt haben, folgt auf all den Stress erst mal eines: große Leere und die Erkenntnis, dass die Arbeitswelt nicht auf dich gewartet hat.

In den letzten Monaten deines Studiums hast du entweder tagelang die langweiligsten Bücher aller Zeiten nach zitierwürdigen Textstellen durchsucht oder versucht, dein schlechtes Gewissen beim Treffen mit deinen Freunden zu beruhigen. Schließlich hast du bis zum Tag der Abgabe noch genug Zeit. Tag X rückt unaufhaltsam näher, deine anfängliche Gelassenheit ist mittlerweile einer unterschwelligen Panik gewichen, die deine Gedanken beherrscht und dir in jeder ruhigen Minute einen kleinen, aber deutlichen Stich versetzt.

 

Das Leben liegt vor dir! Und jetzt?

 

Am Ende dieser Phase, kurz bevor du einfach alle Bücher hysterisch auf den Boden werfen und schreiend davon laufen willst, bekommst du es schließlich doch noch hin. Die Abschlussarbeit ist abgegeben, die mündliche Prüfung überstanden. Deinen Plan, ausgiebig zu feiern, hast du vertagt, weil dich schwallartig eine Müdigkeit überkommt, die sich die letzten Monate angesammelt haben muss. Am nächsten Morgen wachst du komplett ausgeschlafen und glücklich auf. Das Leben liegt vor dir! Keine Abgabetermine, keine Vorlesungen, kein Stress. Genau hier fangen die Probleme an.

Deine anfängliche Euphorie über die wiedergewonnene Freizeit ist nach kurzer Zeit in Langeweile umgeschlagen und dir wird langsam, aber sicher bewusst, dass du dich jetzt genau mit dem Thema beschäftigen musst, das du während deiner Zeit als Student erfolgreich ausklammern konntest: die Zukunft. Nach einigen verzweifelten Versuchen, den Traumjob im Internet aufzutun, überkommt dich das ungute Gefühl, dass deine Vorstellungen mit der Realität nicht ganz so vereinbar sind wie gedacht.

Trotz deines Studiums erfüllst du kaum die Hälfte der geforderten Voraussetzungen für die Position, die du gerne hättest und die Sache mit Gehalt und flexiblen Arbeitszeiten hattest du dir auch anders vorgestellt. Und wann genau hättest du noch gleich die jahrelange Berufserfahrung sammeln können? Gibt es tatsächlich Menschen, die das alles während dem Studium hinbekommen haben? Der wolkenweiche Teppich, der dir während deiner Studentenzeit immer eine weiche Landung auf dem Boden der Tatsachen gesichert hat, wird unter den Füßen weggezogen und du klatscht ungebremst auf den harten, grauen Beton. Das ist also das wahre Leben.

 

Diagnose: Berufserfahrung unzureichend

 

Die nächsten Tage verbringst du gedankenversunken im Bett, erinnerst dich an die gute alte Studentenzeit und durchlebst sämtliche Phasen der Trauer. Früher war alles besser. Was hättest du nicht alles während dem Studium machen können, um jetzt besser dazustehen! Das Problem: wie so oft im Leben steht dir der Konjunktiv im Weg. Du hättest das alles machen können, hast du aber nicht. Das lässt sich nicht mehr ändern. Statt in nostalgischen Erinnerungen an die Vergangenheit zu schwelgen, kannst du auch einfach versuchen, das Beste aus der Zeit nach dem Studium zu machen. Mal ehrlich: du warst nicht der ehrgeizigste Student und du wirst durch deinen Abschluss auch nicht über Nacht zum Vorstandsvorsitzenden. Diese Erkenntnis erlangst du spätestens nach der zehnten Absage, die du bekommen hast, bevor du überhaupt ein Bewerbungsgespräch hattest. Also ist es sicher hilfreich, deine Erwartungen auf ein erreichbares Level runterzuschrauben.

 

Brauchst du überhaupt den Traumjob?

 

Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass der erste Job nach dem Studium gleich dein Traumjob sein wird. Aber muss es so direkt nach dem Studium wirklich der Traumjob sein? Gibt es diesen einen Job überhaupt und wie sieht er aus? Vielleicht ist es jetzt an der Zeit, dir darüber Gedanken zu machen. Vielleicht wolltest du aber auch schon immer eine große Reise machen und während dem Studium fehlte dir dafür das nötige Kleingeld und die Zeit. Dein großer Vorteil ist, dass dir jetzt alle Türen wieder offen stehen. Es gibt keine Abgabefristen und auch kein Ende der Semesterferien. Jetzt hast du wieder Zeit, dich damit zu beschäftigen, was du willst. Du kannst jetzt endlich das Buch lesen, dass du schon ewig auf dem Nachttisch liegen hast. Du kannst dir den nächstbesten Job suchen, Geld sparen, deine Sachen packen und verreisen. Du kannst aber auch einen Job annehmen, der eben nur halb deinen Wünschen entspricht und Berufserfahrung sammeln. Vielleicht vermisst du das Studieren aber auch so sehr, dass dich plötzlich die Lust überkommt, weiter zu machen. Du kannst dir Aufbaustudium suchen, das zu dir passt. Du hast jetzt jede Menge Zeit alles für dich neu zu ordnen!

In deiner Studienzeit konntest du nämlich unzählige Erfahrungen sammeln, die dich nach deinem Studium ein kleines bisschen schlauer dastehen lassen, als davor. Jetzt kannst du das endlich für dich nutzen. Vielleicht läuft in der Zeit nach dem Studium nicht alles so, wie du dir das ursprünglich vorgestellt hattest. Aber vielleicht ist diese Zeit auch einfach die perfekte Gelegenheit, die Möglichkeiten auszuloten, die sich ergeben und einfach deine neu gewonnene Freiheit zu genießen.