Svenja Jung Fucking Berlin

Svenja Jung: „Es geht nicht um Prostitution, es geht um Selbstfindung“

Als Sonia Rossi 2008 ihren autobiographischen Roman „Fucking Berlin: Studentin und Teilzeithure“ veröffentlichte, wurde er trotz mehrheitlich negativer Kritiken innerhalb kürzester Zeit zum Bestseller – kein Wunder, der Titel allein suggeriert schließlich, dass die Story vor Sex nur so strotzt. Doch wer das Buch aus reiner Sensationsgeilheit kaufte, wurde enttäuscht: Die Geschichte der heute 34-jährigen Italienerin, die zum Mathestudium nach Berlin kommt und anschaffen geht, um ihren Lebensunterhalt zu finanzieren, ist keine Unterhaltungslektüre. „Prostitution ist ein Job wie jeder andere auch“, heißt es oft – Pustekuchen. Sonias Geschichte zeigt eine andere Realität. „Jeden Tag mit mehreren fremden Männern schlafen zu müssen, ist alles andere als einfach und mit der Zeit seelisch belastend. Daher bin ich froh, dass ich heute etwas anderes mache – auch wenn die Kollegen distanzierter sind“, sagt sie im Interview mit n-tv. Trotzdem betont sie immer wieder, dass sie sich freiwillig für die Sexarbeit entschieden hat. 

Jetzt wurde Sonias Story verfilmt. Svenja Jung übernimmt in „Fucking Berlin“ (Heimkinostart: 6. Oktober 2016 auf DVD, Blu-ray und als VoD) die Hauptrolle – die 23-jährige ist Wahlberlinerin und aktuell auch in der Steinhöfel-Adaption „Die Mitte der Welt“ zu sehen. Im Interview spricht sie über die Suche nach Liebe und Halt, über Nacktheit am Set und über den Unterschied zwischen Gelegenheit- und „normaler“ Prostitution.

 

https://www.youtube.com/watch?v=MFXzkMJ4Ais

 

In „Fucking Berlin“ verkörperst du eine Frau, die ein Doppelleben führt. Wie schwer war es für dich, dich in die Rolle hineinzufühlen? Hast du eine derartige Rolle schon einmal gespielt?

Die Dreharbeiten zu „Fucking Berlin“ haben über ein Jahr gedauert, ich hatte also genug Zeit, Sonia kennenzulernen. Sie schwebt zwischen zwei Welten: Einmal als Mathestudentin Sonia und als
Prostituierte „Mascha“. Mir war es wichtig, dass es Unterschiede zwischen Sonia und Mascha gibt, zum Beispiel in der Haltung und im Auftreten. Das Doppelleben schenkt Sonia ein Geheimnis, was
die Rolle umso spannender macht. Ich habe gelernt, Sonia zu verstehen und sie ist mit der Zeit eine Freundin von mir geworden.

In dem Film geht es nicht um eine junge Frau, die anfängt, sich zu prostituieren, sondern um Selbstfindung in einer Stadt, in der man sich schnell verliert. Den ganzen Film lang sucht Sonia ihren „Beat“ – einmal bei Männern wie Ladja und Milan und auf der andere Seite in der Prostitution. In der „Oase“ kommt sie schließlich an. Hier haben zwar alle „falsche Namen, aber echte Seelen, und ich war fast lieber Mascha als Sonia“. Es geht um die Suche nach Liebe und Halt und ich denke, da können wir uns alle mit Sonia identifizieren. Eine ähnliche Rolle habe ich schonmal gespielt, aber in sehr abgeschwächter Form. Die Arbeit an „Fucking Berlin“ war wesentlich intensiver.