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Türkei-Referendum: Auf eine Tasse Tee mit einem Erdogan-Anhänger

Gleich am Anfang des Gesprächs Verwirrung im Wohnzimmer einer Giesinger Wohnung in München. Warum ich denn jetzt über Politik reden wolle, will Alpay (Namen von der Redaktion geändert) wissen. Er dachte, ich sei hier, um mit ihm und seiner Frau Esen über das Leben von türkischen Immigranten in Deutschland zu reden. Er braust auf, sagt, er sei genervt vom Umgang der Deutschen mit Erdogan und dem Bild der Deutschtürken in den Medien. Ich würde Özi gerne fragen, was los ist, was er seinem Vater denn gesagt habe, aber Özi ist nicht hier. Er wohnt in der Nähe des Olympia Einkaufszentrum, wo er auch arbeitet. Heute geht es nicht um ihn, sondern um seine Eltern. Und darum, warum sie beim türkischen Verfassungsreferendum mit Ja gestimmt haben*. Für Erdogan, für seine umstrittene Verfassungsänderung – und so zu den rund 416.000 in Deutschland lebenden Türken gehören, die Anteil daran haben, dass Europa nun endgültig um einen Autokraten reicher ist.

So bleibt mir nichts anderes, als Alpay zu beschwichtigen, als ihm und seiner Frau, die nebeneinander an einem schlichten Holztisch sitzen, der einen weißen Farbklecks in der Mitte hat, zu sagen, dass ich nichts schreiben würde, was sie nicht wollen würden. Und dass ich ihren Sohn doch kennen würde und offenbar ein Missverständnis vorliege. Esen redet beschwichtigend auf ihren Mann ein, die beiden wechseln ein paar Sätze auf Türkisch. Schließlich willigt er ein, das Gespräch dennoch zu führen. „Aber ich will nicht, dass mein Name irgendwo steht. Die Leute in Deutschland reden so gerne“, sagt er. Esen daneben lächelt mich freundlich, fast entschuldigend an. Alpay lächelt dagegen nicht mehr, so wie er es kurz zuvor getan hatte, als er mir die Tür geöffnet hatte. Stattdessen sitzt er da, einen Arm auf dem Tisch abgestützt, den anderen auf seinem Knie, so als würde er jeden Moment aufspringen wollen.

Die Wohnung der Saglams ist ordentlich. Im Wohnzimmer hängen viele Fotos an den Wänden. Auch eines, das Özi oder seine Schwester im Kindergarten gemalt haben muss. Darauf sind beide Kinder, die Eltern, eine Sonne und eine große Wolke, deren Strichmund eine leichte Wellenform hat. Über den Köpfen der Eltern steht „Papa“ und „Mama“. Man merkt, dass Özi und seine Schwester in Deutschland geboren und aufgewachsen sind. Auf einem anderen Bild ist Alpay mit einem älteren Mann abgebildet, sein Vater, wie er mir später auf Nachfrage erklärt. Aufgenommen wurde das Bild in Anatolien. Dort, wo Alpay aufwuchs, seine Frau kennenlernte. Seine Heimat, die er in den Achtzigern verließ. Um eine Arbeit zu finden. Und ein besseres Leben für seine Frau und sich selbst.