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Das Grün erobert die Stadt zurück

Schon die Schrebergarten-Generation unserer Eltern hat von „Stressabbau“ und „innerer Ruhe“ berichtet. Es stellt sich die Frage: Was ist wirklich neu am Urban Gardening?
Ob in Berlin, München oder Leipzig – die Großstädte entdecken einen neuen Trend. An unterschiedlichen Orten finden Umgestaltungen statt, die Raum für eine Begrünung bieten. Wo vorher ein Schotterweg oder Beton war, werden kurzerhand Plastikkörbe gesetzt, mit Erde befüllt und bepflanzt. Flächen, die durch Stadtplaner zubetoniert wurden, werden von kleinen Vereinen oder Bürgerinitiativen wieder zurückerobert.

Die Wissenschaft interessiert sich für das Urban Gardening

Auch wissenschaftlich wurde sich mit diesem neuen Trend bereits auseinandergesetzt. So hat die Autorin Christa Müller das Buch „Urban Gardening“ herausgebracht. Hier wird der Gemeinschaftsaspekt in den Mittelpunkt gestellt. Beim Anbau von Karotten und Tomaten kommen Gleichgesinnte sich näher, sie planen und gestalten dabei Flächen gemeinschaftlich. Zusammengeschlossen als Verein stellen sie in der Kommunalpolitik ein wichtiges Gegengewicht zur klassischen Stadtplanung dar.

Wildpflanzen für das Berliner Stadtgebiet

In Berlin hat sich 2008 der “Verein Wildblumenwiese“ gegründet. Nach eigenen Angaben verfolgt der gemeinnützige Verein das Ziel, Wildpflanzen auf geeigneten Flächen im Berliner Stadtgebiet anzusiedeln. Die Wildblumenwiese stellt eine Alternative zu den einheitlichen Grasflächen dar, die es vorwiegend in Parkanlagen gibt. Erst ab 15 Quadratmetern kann sich ein artenreiches Biotop entwickeln, das – ein willkommener Nebeneffekt – auch recht pflegeleicht ist: Nur ein- bis zweimal im Jahr muss die Fläche beschnitten werden, eine Düngung oder Bewässerung ist nicht notwendig.

Gartenkolonien – die klassischen Großstadtpflanzen

Kleingartenkolonien scheinen dem entgegenzustehen. Die Intention, Innenstädte zu begrünen ist ihnen jedoch gemein. Auch der Aspekt des grünen Ruhepols inmitten eines Häusermeeres ist beiden Strömungen ein Anliegen. Erstaunlich ist auch die Größe, die so eine Kleingartenkolonie annehmen kann. Zum Beispiel verfügt der “Bezirksverband Wedding der Kleingärtner e.V. in Berlin“ über 1.954 Parzellen mit über 632.658 Quadratmetern – ein Dorf inmitten einer Großstadt. Und der Dorfcharakter wird dadurch zementiert, dass es eine feste Struktur gibt, die sich unter anderem in Zäunen ausdrücken. Ein gemeinsames Bepflanzen eines neuen Gebietes in der Form des Urban Gardening gibt es nicht.

Urban Gardening in Leipzig

In Leipzig engagiert sich der “Verein Stadtpflanzer“ für grünere Innenstädte. Der Verein vernetzt, aktiviert und hilft bei der Umsetzung von Projekten. Gegründet von Stefan Kurzawski mit der Intention die Menschen zusammenzuführen, ist der Verein heute Teil einer sehr lebendigen Urban-Gardener-Szene. Ob es der Hinterhof oder das Stück Erde um den Baum in der Straße ist, es gibt viele Bereiche, die noch begrünt werden können. Stadtkinder können so das Bepflanzen lernen und bekommen wieder einen stärkeren Bezug zur Natur.

Selbstgebautes gegen Garteneinrichtung

Die beiden Konzepte stehen sich auch in puncto Einrichtungsstil gegenüber. Beim Urban Gardening werden Beete aus Brettern gezimmert, Bänke oder Hochsitze selbst gebaut. Durch die fehlenden Zäune wachsen die Strukturen ineinander, sodass ein wilder Haufen entsteht, in dem man sich begegnen kann oder zwangsweise begegnen muss. In einem Schrebergarten gibt der – fast ausnahmslos existierende – Zaun die Grundstruktur vor. Entlang diesem werden saubere Hecken gepflanzt, oft um einen gewissen Sichtschutz zu bieten. Man grenzt sich ab, gärtnert für sich. Als neuer Trend lässt sich eine immer stärkere Professionalisierung hinsichtlich der Ausstattung beobachten. Online-Shops wie gartenmoebel.de haben sich darauf spezialisiert, auch gehobene Ansprüche an eine Garteneinrichtung zu befriedigen und bieten von Gartenmöbeln über Gartenausstattung und Teichzubehör bis hin zu Grillen und Schutzschirmen alles an, was das Gärtnerherz begehrt.

Andere Herangehensweise – gleiches Ziel

Die Frage nach dem Urban Gardening oder dem klassischen Schrebergarten lässt sich nicht endgültig beantworten. Neben den Unterschieden in der Herangehensweise führt doch letztendlich beides zu einem besseren Mikroklima in der Stadt. Und alles, was die Naturnähe des Menschen wieder hergestellt, trägt so doch zur Lebensqualität aller Menschen bei.

Bild: First Daffodil unter CC-BY-SS 2.0