Von Wegen Lisbeth Interview

Von Wegen Lisbeth: „Wir sind eine Band mit einer klaren Haltung“

Von Delia Friess

Die Berliner Band „Von Wegen Lisbeth“ gründete sich bereits um die Jahrtausendwende. Ihre Mitglieder Matze (Gitarre/Gesang), Doz (Gitarre), Julian (Bass), Robert (Synthie) und Julian (Schlagzeug) sind heute Mitte 20, ihre EP „Und Plötzlich Der Lachs“ mit der Lead-Single „Sushi“ erschien 2014. Danach waren die Jungs als Support mit AnnenMayKantereit auf Tour und Ende des Jahres 2015 auf ihrer eigenen „Störung im Betriebsablauf“-Tour unterwegs. Am 15. Juli 2016 wurde das Debütalbum „Grande“ veröffentlicht.

Gerade eben ist eure Deutschland-Tour gestartet. Was erwartet ihr euch davon?

Matze: Heute (16.09.2016, Anm. d. R.) ist ja der erste Tag und wir haben echt Bock auf die Tour. Da ist alles ein Highlight für uns.

Was war das größte Highlight, das ihr bisher mal auf Tour erlebt habt?

Matze: Wir hatten mal ein Konzert in Mainz mit einem echt guten Publikum, das ziemlich ehrlos geendet ist. Und ein Highlight war, als wir endlich Lena Meyer-Landrut getroffen haben.

Wer ist denn eigentlich Lisbeth?

Matze: Lisbeth heißt eine Oma von Robert. Die hat aber nichts mit dem Bandnamen zu tun. Wir haben einfach alle unsere Einfälle aufgeschrieben und dann zusammengewürfelt. Wir hätten auch „Die Bullen vom Revier 46“ heißen können. Wir wollten einen möglichst sinnbefreiten Bandnamen.

Was unterscheidet eure EP „Und Plötzlich Der Lachs“ musikalisch von eurem Debütalbum „Grande“?

Matze: Wir hatten bei „Grande“ eine klare Vorstellung, haben uns viel Zeit genommen und uns nicht reinreden lassen. Es klingt ein bisschen mehr nach Life und nicht so glatt.

Ihr kennt euch seit der Grundschule in Berlin – habt ihr über die Musik zusammengefunden?

Matze: Nee, absolut nicht. Wir waren erst Freunde und dann kam die Mucke. In einer Freistunde war uns langweilig und da haben wir eine Schrottgitarre genommen und haben einfach geschaut, was man damit machen kann.

Ihr arbeitet mit Trash-Instrumenten und baut auch mal Gameboys in eure Musik mit ein.

Matze: Ja, wir haben früher viel solchen Kram gemacht. Wir hatten eine Phase, da haben wir ganz viel mit Game-Boy-8-Bit-Musik gemacht. Das sind noch so die Überbleibsel aus dieser Zeit. Wir hatten keinen Bock auf diesen Standartkram mit Standartgitarre und so.

Das sieht man auch an euren Musikvideos, die ihr selbst dreht und konzipiert.

Doz: Früher haben wir unsere Videos noch komplett selbst gedreht. Mittlerweile können wir ein paar Sachen abgeben. Das macht bei uns hauptsächlich unser Gitarrist Dominik Zschäbitz. Als Inspiration nehmen wir alles, was lustig ist. Mit trashigen Sachen kann man lustige Geschichten erzählen – die haben eine nice Wirkung. Früher haben wir ohne Budget mit Stop-Motion gearbeitet, mal Barbiepuppen eingesetzt. Heute sind unsere Videos trotzdem noch aus einer Hand und selbstbestimmt.

Euren Stil bezeichnet ihr als Indie-Rock. Ihr kommentiert in euren Songs auch öfter den digitalen Lifestyle und nervige Facebook-Nutzer („Sushi“, „Lang lebe die Störung im Betriebsablauf“) – habt ihr was gegen Social Media?

Matze: Nee, überhaupt nicht. Wir wollen das gar nicht verteufeln. Wie benutzen selbst Facebook und Twitter und Co. Das ist sehr praktisch. Wir wollen nur darauf aufmerksam machen, dass vielen Leuten nicht immer klar ist, was sie da tun. Es ist sehr verlockend, im Internet Komplimente zu machen oder zu bekommen – anders als im echten Leben. Eine Frau in einem roten Kleid bekommt auf Facebook 30 Likes, im echten Leben aber vielleicht ein Kompliment von einer Person.

In „Hellersdorf“, „Drüben bei Penny“ und „Was machst du noch hier“ klingen auch gesellschaftskritische Töne an. Würdet ihr euch auch als politische Band bezeichnen?

Matze: Nö, gar nicht. Wenn dann durch Alltagsbeschreibungen, die durchklingen. Wir sind aber eine Band mit einer klaren Haltung. Viele Popbands machen das zu wenig, dabei muss sich Popmusik und eine Haltung nicht ausschließen. Der Grad ist natürlich schwer zu finden. Wir machen Musik mit Haltung, sind aber keine politische Band.

Ein Song heißt „Untergang des Abendlandes“ – worum geht’s in dem Song?

Matze: Dieser Song ist schon ein explizit politischer Song. Bei uns im Freundeskreis hat es sich etabliert, diese Redewendung „Untergang des Abendlandes“ für jeden Scheiß zu verwenden. Die U-Bahn kommt zu spät – Untergang des Abendlandes. Das macht die Unsinnigkeit des Begriffs deutlich und wie bekloppt diese Angst vor „dem Untergang des Abendlandes“ ist.

Man sagt euch Einflüsse der Hamburger Schule nach. Was sind eure musikalischen Vorbilder?

Matze: Auf jeden Fall nicht die Hamburger Schule. Wir haben unterschiedliche Vorbilder und hören unterschiedliche Musik wie Punk-Rock, Techno oder Hip-Hop.