Techno Zukunft Generation Y

Techno statt Schlagerparade: Wir mit 70

Ein Alter erreichen, in dem es zwar bereits überall zwickt und zwackt, man aber trotzdem noch fresh genug ist, sein künstliches Hüftgelenk kreisen zu lassen: Wie sich das wohl für unsere Generation anfühlen wird? Wenn ich meine eigenen Interessen so beleuchte, ist das eine recht amüsante Vorstellung. Klar, den Jumpstyle werden wir nicht mehr hinkriegen, aber man nehme an, wir lägen uns schunkelnd in den Armen, auf ollen Paletten sitzend, während 120-180 lässige bpm uns um die Ohren sausen. Zur Seite mit blinkenden Gehstöcken und Elektrocruisern, lasst uns noch eine letzte Wodka-Turbo-Mate beim Barkeeper bestellen und mal wieder so richtig die Sau rauslassen! Caps nach hinten gedreht, Turnbeutelrucksack umgeschnallt und ab in die Technobude. Vielleicht schaffen wir es nicht mehr die Nacht zum Tag zu machen, aber wozu gibt es schließlich die After Hour?

 

Türpolitik und Roboter-Enkel

 

Eine Schlange von Rentnern und denen, die es werden wollen steht an der Schwelle zum Berghain, das jetzt nicht mehr Berghain, sondern Altershain heißt. Die Wartezeit vertreiben sie sich mit Tinder – mittlerweile wurde der Altersradius auf 101 Jahre angehoben – geil, ein Match mit Paul (68), der tolle Surferfotos hat und nur drei Kilometer weiter hinten ansteht. Von oben bis unten gepiercte Hipster-Senioren, deren Bärte im Druidenstyle am Boden hängen – ups, schon wieder draufgetreten, macht nichts – haben die Türpolitik fest im Griff: „Geh woanders spielen Junge, dit Kinderparadies findste bei Ikea!“ Zack – schon wieder abgelehnt. Egal! Ikea wurde inzwischen als 17. Bundesland in die Bundesrepublik aufgenommen und bietet nur noch veganes Köttbular an. Ganze Aufenthaltsräume, gefüllt mit elektronostalgischem Sound, Frozen Yoghurt, Retro-Billy-Regalen, dazu riesige Reklamebuchstaben und Fixie Bikes an den Wänden laden uns zum „Chillen und Abhängen“ ein, während unsere Roboter-Kinder und Roboter-Enkel sich durch das möbilierte Bundesland kämpfen (als kinderloser Egomanen-Jahrgang wurden einige von uns irgendwann evolutionär zeugungsunfähig und mussten sich nach Alternativen umsehen). Fühlt sich Opa Yuppie nicht retro-designreich untergebracht, bleibt sein Geldbeutel zu. „Ich will den Euro wieder zurück“, jammert er, während er 987 Weltscheine für das fliegende Bett seiner Roboter-Enkelin berappt.

 

Ja, weil halt!

 

Endlich zu Hause angekommen, davor noch schnell das Oldtimer-Elektro-Auto ins Carport gefahren, schlagen wir unsere mittlerweile überwältigend dick erscheinenden Mac Books auf, um einen neuen Facebookeintrag über das Möbelhausland zu verfassen. „Was ist ein Facebook, Oma Y?“ – Diese jungen Dinger wissen rein gar nichts über uns „Digital Natives“. Wir mussten noch mit Maus und Tastatur auskommen. Außer dem Internet mit Wikipedia, Instagram und Facebook hatten wir gar nichts. Wir wussten sogar noch, wie Schreiben mit einem echten Stift funktionierte! „Weißt du, Hartmut“, (inzwischen ist der Name wieder voll im Trend) „Weißt du, das ist eine Seite, die man im Internet damals gemacht hat, um lauter tolle Sachen reinzuschreiben und Bilder von unserem Frühstück, Mittag- und Abendessen zu zeigen!“ „Und warum?“ „Ja, äh… warum eigentlich. Egal! Weil früher war halt alles besser! Kapiert?“

 

Noch echte Abenteurer, diese Ypsilons!

 

Und außerdem sind wir noch so richtig old school gereist, versteht ihr!? Wir waren als echte Backpacker unterwegs, haben ferne Länder gesehen, echten Boden berührt, meditieren gelernt und Yoga am Strand gemacht. Wir übernachteten in Hostels und gingen couchsurfen. Das war noch ein richtiges Erlebnis! Jawohl! Wir haben die Rucksäcke bis ans Ende der Welt geschleift, wenn es sein musste. Nix mit beamen und wegstreamen! Ihr setzt einfach eine Brille auf und behauptet dann, im Weltall zu sein. Alles Fiktion, liebe Roboter-Kinder! Alles Fiktion! Kommt mal wieder zurück und besinnt euch auf die echten Zeiten. Unsere Zeiten! Früher war alles besser! Verdammte Axt! Oder? Ja, früher man. YOLO!

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Bildquelle: sylvar unter CC BY 2.0