Marlene Engelhart

Demokratie vor Reichtum: Marlene Engelhorn verschenkt 90 Prozent ihres Erbes

Marlene Engelhorn hat sich entschieden, 90 Prozent ihres Vermögens, insgesamt 25 Millionen Euro, an gemeinnützige Organisationen zu spenden. Ein Bürgerrat aus 50 zufällig ausgewählten Personen entscheidet, welche Organisationen das Geld erhalten sollen.

Engelhorn erklärte gegenüber ntv, sie sei weiterhin privilegiert, fühle sich jedoch nun „normal und demokratisch“. Die Erbin betont, dass sie durch die Spende nicht verarmen werde. Sie nutze ein Übergangsbudget, um ins Arbeitsleben einzusteigen und wolle künftig wie 99 Prozent der Gesellschaft arbeiten. Sie empfinde es als befreiend, endlich „normal“ zu sein.

Demokratische Verteilung des Vermögens

Engelhorn erläuterte, dass etwa 80 Organisationen von der Verteilung profitieren würden. Diese Organisationen seien in Bereichen wie Klima- und Umweltschutz, bezahlbares Wohnen, Gesundheit und Soziales sowie Integration und Bildung tätig. Sie betonte, dass es ihr trotz der Spende gut gehe und sie weiterhin ein erfülltes Leben führe.

Engelhorn kritisiert die mit großem Vermögen einhergehende Macht. Vermögen bedeute Macht und die Fähigkeit, Realitäten zu schaffen, was in einer Demokratie ohne ein entsprechendes Mandat unangebracht sei.

Unabhängige Entscheidungen des Bürgerrats

Der Bürgerrat traf seine Entscheidungen ohne Engelhorns Einfluss. Sie zog sich bewusst zurück, um die Kontrolle abzugeben und war nur beim ersten Treffen anwesend, um den Mitglieder*innen zu danken. Engelhorn betonte, dass der Prozess der Rückverteilung für sie wichtiger sei als die konkrete Liste der Empfänger*innen. Sie sei begeistert, dass Bürgeräte funktionieren und Freude bereiten können. Für sie bedeute die Rückverteilung von Vermögen keinen Abstieg, sondern einen Aufstieg in die demokratische Gesellschaft.

Unterstützung aus der Familie und von Gleichgesinnten

Engelhorns Familie steht hinter ihrer Entscheidung. Sie teilen ihre Ansichten zu gerechter Besteuerung und demokratischen Werten. Engelhorn sieht die Rückverteilung als neue Form der gesellschaftlichen Teilhabe.

Öffentlich ist Engelhorn mit ihrer Haltung weitgehend alleine, privat gibt es jedoch einige Wohlhabende, die ebenfalls bereit sind, Vermögen zurückzugeben. Sie spricht sich für ein Transparenzregister aus, um die Verteilung von Vermögen offenzulegen.

Was ist ein Transparenzregister?

Das Transparenzregister ist ein elektronisches Verzeichnis, das zur Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung dient. Es wurde 2017 in Deutschland eingeführt und basiert auf einer Änderung des Geldwäschegesetzes, die die „Vierte EU-Geldwäsche-Richtlinie“ umsetzt.

Laut der Friedrich-Ebert-Stiftung ist das Hauptziel des Registers, die wahren Personen hinter komplexen rechtlichen und wirtschaftlichen Strukturen sichtbar zu machen. Juristische Personen des Privatrechts und eingetragene Personengesellschaften müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten im Transparenzregister eintragen lassen. Dies umfasst Namen, Geburtsdatum, Wohnort, Staatsangehörigkeit sowie Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses.

Zukunftspläne und weiteres Engagement

Auf die Frage, ob sie in die Politik gehen wolle, antwortete Engelhorn, dass es genug vermögende Personen in der Politik gebe. Sie interessiere sich mehr dafür, welche Menschen in den Parlamenten fehlen. Engelhorn wolle sich weiterhin mit Verteilungsgerechtigkeit beschäftigen, habe jedoch noch keine genauen Pläne, wie dies aussehen werde.

Engelhorn setzt mit ihrer Entscheidung ein starkes Zeichen für demokratische Teilhabe und zeigt, wie Vermögen in der Gesellschaft neu verteilt werden kann. Ihr Handeln könnte als Vorbild für andere Vermögende dienen und eine Debatte über gerechte Verteilung und demokratische Verantwortung anstoßen.

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Bild (zugeschnitten): Martin Kraft via Wikimedia unter CC BY 4.0