Bild: Pexels

Der Globus im digitalen Zeitalter: Eine nostalgische Reise

Auch wenn Google Earth, GPS-Uhren und moderne Navigationssysteme allgegenwärtig sind, bleibt der Globus faszinierend. Wer einen Globus in die Hand nimmt und zufällig einen Punkt darauf berührt, entdeckt Orte, die er nie zuvor gesehen hat. Peter Bellerby, ein britischer Globusmacher, glaubt, dass der Wunsch der Menschen, „unseren Platz im Kosmos zu finden“, den Globus weiterhin relevant macht.

2008 verschuldete sich Bellerby, um einen besonderen Globus für den 80. Geburtstag seines Vaters zu fertigen. Dieses Projekt inspirierte ihn zur Gründung seiner eigenen Firma. Heute, sechzehn Jahre später, beschäftigt er etwa zwei Dutzend Künstler, Kartographen und Holzarbeiter. Bellerby ist überzeugt, dass ein Globus eine tiefe Verbindung zum Planeten schafft. Der schottisch-amerikanische Entdecker John Muir schrieb 1915: „Wenn wir den ganzen Globus als einen großen Tautropfen betrachten, der mit Kontinenten und Inseln gesprenkelt ist, der mit anderen Sternen durchs All fliegt, alle zusammen singend und leuchtend, erscheint das gesamte Universum als ein unendlicher Sturm der Schönheit.“

Globen zwischen Faszination und Herausforderung

Trotz der historischen und ästhetischen Anziehungskraft eines Globus stellen hohe Kosten und geopolitische Herausforderungen die Hersteller vor Probleme. Bellerbys Firma hat bereits Erfahrungen mit Zollbeamten in Regionen mit umstrittenen Grenzen gemacht, darunter Indien, China, Nordafrika und der Nahe Osten. Globen sind mehr als nur Kunstwerke oder historische Relikte; sie sind Momentaufnahmen der Welt, wie sie die Erschaffer zu einem bestimmten Zeitpunkt sahen.

Jan Mokre, Vizepräsident der Internationalen Coronelli-Gesellschaft für Globusforschung, betont, dass Globen durch ihre dreidimensionale Form und ihre faszinierende Kartendarstellung relevant bleiben. Er glaubt auch, dass ein gewisser Nostalgieeffekt eine Rolle spielt, ähnlich wie bei alten Autos und mechanischen Uhren.

Joshua Nall, Direktor des Whipple Museums für Wissenschaftsgeschichte in Cambridge, sieht im Globus ein Symbol für das Wissen, die Bildung und die politischen Interessen seines Besitzers. Doch er merkt an, dass der Einsatz von Globen, besonders in Schulen, aufgrund digitaler Technologien abnimmt.

Die Kunst der Globusherstellung

Laut AP ist die Herstellung eines Globus ein kostspieliger und komplexer Prozess. Bei Bellerby kosten die kleinsten Modelle etwa 1.290 britische Pfund (ca. 1.900 Euro), während das 50-Zoll-Modell „Churchill“ sechsstellige Beträge erreichen kann. Bellerby produziert jährlich etwa 600 Globen in verschiedenen Größen und Ausführungen. Der Prozess beginnt mit der Konstruktion einer Kugel, auf die fragile, blütenblattförmige Paneele, sogenannte „Gores“, aufgetragen werden.

In seinem Londoner Studio mischen und tragen die Künstler Farben sorgfältig auf. Von traumhaftem Kobaltblau und Minze für die Ozeane bis zu Gelb, Grün und Ocker für die Landschaften. Die Globen zeigen Bilder von Sternbildern, Bergen und Meereskreaturen.

Globenkäufer heute

Bellerbys Kunden kommen aus verschiedenen sozioökonomischen Schichten: Familien, Unternehmen, Staatsoberhäupter, private Kunstsammler und Filmemacher. Seine Firma fertigte vier Globen für den Film „Hugo“ von 2011 und einer seiner Globen ist im Film „Tetris“ von 2023 zu sehen.

Auch wohlhabende Menschen interessieren sich für Globen. Die Familie des deutschen Unternehmens Würth schenkte Reinhold Würth zu seinem 83. Geburtstag ein „Churchill“-Modell, das größte Modell, das nun im Museum Würth 2 ausgestellt ist.

Geopolitische Hürden beim Globusbau

Es gibt keinen internationalen Standard für die korrekte Darstellung der Erde auf einem Globus. Länder sehen die Welt oft unterschiedlich und sind empfindlich, wie ihre Grenzen dargestellt werden. Falsche Grenzlinien können dazu führen, dass Globen beim Zoll beschlagnahmt werden. „Der Globusbau ist ein politisches Minenfeld“, sagt Bellerby. Länder wie China, das Taiwan nicht als eigenständig anerkennt, oder Marokko, das die Westsahara für sich beansprucht, sind Beispiele dafür. Bellerby kennzeichnet solche Grenzen als umstritten und sagt: „Wir können die Geschichte nicht ändern oder neu schreiben.“

Gleich weiterlesen:

Folge ZEITjUNG auf FacebookTikTok und Instagram

Bild: Pexels; CC0-Lizenz