Jonathan Haidt

Die Schattenseite der sozialen Medien: Globale Gesundheitskrise durch Smartphones

Der US-amerikanische Psychologe Jonathan Haidt warnt vor einer weltweiten Krise: Das Smartphone und die Nutzung sozialer Medien gefährdet die psychische Gesundheit.

Haidt erklärt in einem Interview mit der WELT, dass das Smartphone eine Hauptursache für die zunehmenden Probleme in Bezug auf die psychische Gesundheit bei jungen Menschen sind. In seinem neuen Buch „Generation Angst“ beschreibt er, wie insbesondere Mädchen durch den Gebrauch von Smartphones unter Angststörungen, Depressionen und Selbstverletzungen leiden. Diese negativen Entwicklungen hätten seiner Meinung nach Anfang der 2010er Jahre begonnen.

Haidt bezeichnete die Generation Z als „Versuchskaninchen für eine radikal neue Form des Heranwachsens“. Er plädiert dafür, Kindern unter 14 Jahren keine Smartphones zu geben und soziale Medien erst ab 16 Jahren zu erlauben. Zudem sollten Schulen smartphonefreie Zonen sein. Er betonte, dass diese Vorschläge angesichts der beobachteten schädlichen Auswirkungen durchaus vernünftig seien.

Eine weltweite Krise

Haidt berichtete, dass er zunächst die psychischen Probleme in den USA und Großbritannien untersucht habe. Später habe er jedoch festgestellt, dass ähnliche Entwicklungen auch in Kanada, Australien, Neuseeland und Nordeuropa zu beobachten seien.

Ihm zufolge sei diese Krise somit kein rein amerikanisches Phänomen. Haidt sehe keinen anderen plausiblen Grund für diese globalen Veränderungen als die Verbreitung von Smartphones und sozialen Medien.

Die Umkehr der Glückskurve

Die traditionelle Glückskurve, bei der junge und alte Menschen am glücklichsten sind, habe sich laut Haidt seit 2015 umgekehrt. Heute seien junge Menschen die unglücklichste Gruppe. Haidt schätzt, dass etwa zehn Prozent der Mädchen süchtig nach sozialen Medien sind und zehn Prozent der Jungen problematisch Videospiele und Pornografie konsumieren. Diese intensiven Nutzungsgewohnheiten könnten langfristig das menschliche Potenzial erheblich beeinträchtigen.

Der Einfluss progressiver Politik

Haidt beobachtete zudem, dass die progressive Politik in Zeiten der sozialen Medien an Bedeutung gewonnen habe. Besonders betroffen seien junge, linke Mädchen, die sich durch die ständige Konfrontation mit negativen Botschaften in den sozialen Medien zunehmend als Opfer sehen. „Liberale Mädchen nutzen soziale Medien am meisten und viel von dem, was sie dort hören, ist: Alles ist sexistisch, alles ist gegen mich“, so Haidt.

Unterschiede bei konservativen Jugendlichen

Konservative Jugendliche und solche aus religiösen Gemeinschaften seien laut Haidt weniger von den negativen Auswirkungen betroffen. Diese Gruppen nutzten ihre Smartphones weniger und seien stärker in Gemeinschaften eingebunden. Haidt betonte die Wichtigkeit, Kindern eine sichere und unterstützende Umgebung zu bieten, um sie vor den schädlichen Einflüssen der digitalen Welt zu schützen – auch in der Schule.

Haidt fordert die Schulen auf, sich wieder stärker auf freies Spiel und persönliche Interaktionen zu konzentrieren. Er meinte, dass die zunehmende Digitalisierung in den Schulen kontraproduktiv sei und die Probleme verschärfe.

„Wir müssen unseren Kindern die Möglichkeit geben, alleine zu spielen und echte Lebenserfahrungen zu sammeln.“

Jonathan Haidt

Langsame Anpassung an neue Technologien

Laut Haidt dauert es lange, sich an neue Technologien anzupassen. Er verglich die Einführung von Smartphones mit der Verbreitung von Junk-Food, Zigaretten und anderen Drogen. Die Gesellschaft müsse Wege finden, Kinder vor den negativen Auswirkungen zu schützen, ähnlich wie es bei anderen gefährlichen Substanzen der Fall ist.

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Bild: Miller Center via Wikimedia unter CC BY 2.0