US-Wahl Wahlparty Donald Trump

Warum Trumps Sieg ein Warnsignal für Deutschland ist

Von Flora Fährmann

Es ist also passiert. Donald Trump ist Präsident geworden und alle scheinen in Schockstarre zu verweilen.
Ein paar Jungs in meinem Facebook-Feed erklären sich gerne bereit, bei Bedarf die ein oder andere Amerikanerin zu heiraten, ein paar Kommentare machen sich lustig, aber der größte Teil zeigt sich einfach nur schockiert.

 

Guten Morgen!

 

Natürlich ist es nicht schön, an einem Mittwochmorgen aufzuwachen, einen Blick aufs Handy zu werfen und sich von derartigen Neuigkeiten den Tag versauen zu lassen. Und natürlich habe ich auch Mitleid mit ungefähr fünfzig Prozent der Amerikaner, die jetzt am liebsten nach Kanada auswandern wollen. Niemand hat diesen Präsidenten „verdient“ oder die menschenverachtende Politik, die er vor hat, zu betreiben.

Wir schielen über den großen Teich – mit einer Mischung aus Verwunderung, Fassungslosigkeit und ein bisschen Voyeurismus. Aber warum in die Ferne schweifen, wenn das Böse liegt so nah? Trump will eine Mauer ziehen, um die bösen Mexikaner aus dem guten Amerika rauszuhalten – ein paar besorgte Bürger in Neuperlach bei München haben das schon längst getan. Jetzt sagt ihr: Ja, aber das ist ja etwas ganz anderes!
Nein. Das ist es nicht.

 

O! say can’t you see ?

 

Also zuerst mal: Ja, mir ist bewusst, dass Amerika eine gute Ecke größer ist als Deutschland und die Wahl der politischen Führungskräfte dieses riesigen Landes natürlich mehr Einfluss auf die Weltpolitik haben als unsere vergleichsweise kleine Bundestagswahl.

Trotzdem kann ich nicht verstehen, wie nach diesem Wahlergebnis fast gar nicht der Bezug zu den deutschen Wahlen hergestellt werden kann.
In Österreich werden auch gerade Wahlen vorbereitet, die einen Rechtspopulisten zum Bundespräsidenten machen könnten. Und die für ungültig erklärte erste Wahl ist ja schon mal – entschuldigt mein Deutsch – arschknapp zugunsten Van der Bellens ausgegangen.

Trump ist eine Witzfigur, ein lächerlicher Trottel mit Toupet, ein sexistisches Chauvinistenschwein und jetzt auch der wohl mächtigste Mann der Welt. Wie haben wir uns alle lustig gemacht über seine witzige Art zu sprechen, seine absurden Auftritte mit singenden kleinen Mädchen in Schuluniformen und seinen bescheuerten Aussagen über alles und jeden. Wir haben ihn abgetan als eine lustige Laune des amerikanischen Systems. Ein Millionär, der sich mal ein bisschen Aufmerksamkeit kauft und sie bekommt. Die warnenden Stimmen gab es natürlich – aber wirklich laut waren sie nicht, oder wurden zumindest so nicht wahrgenommen…denn: “Ach, der wird es schon nicht.“

 

Lustig, lustig nicht so tralala

 

Irgendwie fällt es uns sowieso leicht, uns lustig zu machen. Die AfD mit ihren dummen Ängsten, ungebildete Idioten aus dem Osten, wer wählt denn so was wie die von Storch. Wir umgeben uns natürlich auch nur mit Leuten, die eine ähnliche Meinung wie wir haben und das ist auch logisch, denn der durchschnittliche AfD-Wähler ist nicht unbedingt dein Kommilitone in der Einführungsveranstaltung für Literaturwissenschaft. Warum sollte man sich auch mit jemanden, der eine deutsche Flagge im Wohnzimmer hat, darüber unterhalten…das bringt in unseren Augen ja sowieso nichts.

Was kann man da machen – außer natürlich wählen zu gehen? Und genau hier sind wir mit unserem Latein am Ende.
Aber wir sollten uns dann nächstes Jahr auch nicht wundern, wenn die AfD als drittstärkste Partei aus den Bundestagswahlen hervorgeht. Heute noch… haha der Trump – die blöden Amis! Und morgen sind dann alle schockiert, wie rechts Deutschland „auf einmal“ geworden ist.

 

Politisches Engagement – bitte was ?

 

Meine Mutter hat mir in meiner Jugend erzählt, wie sie sich in den 70ern und 80ern politisch engagiert hat. Lichterketten, Demonstrationen, friedliche Proteste vor Atomkraftwerken, politische Liederabende.
Natürlich gibt es jetzt auch noch Demos und natürlich gehen auch noch einige Leute auf diese und versuchen ihre Anteilnahme dadurch zu zeigen – jedoch der größte Teil macht das eben nicht. Um ehrlich zu sein, hat Politik in Deutschland jegliche Attraktivität verloren.

Auch ein Grund, warum der Wahlkampf in den USA so interessiert verfolgt wurde. Während Hillary mit Katy Perry (im sexy Patriotenoutfit) auf die Bühne stürmt, die Menge jubelt und jeder TV-Auftritt eher dem eines Popstars gleicht, als einer politischen Talkshow, wie wir sie kennen – so könnte man sich unsere Angie wohl kaum in einem ähnlichen Szenario vorstellen (mir würde an dieser Stelle auch kein deutscher Popstar einfallen, der sie auf der Bühne begleiten könnte).

Das ist auch okay so, denn sowohl unser System, als auch unsere Art der Politik entscheidet sich von den Wahlen in den USA – aber glamourös geht es eben nicht bei uns zu und das scheint schon vielen Leuten Grund genug zu sein, sich komplett von der Politik im eigenen Land abzuwenden und lieber die Wahlen in Amerika zu verfolgen.

 

Und was jetzt ?

 

So genau weiß das wohl niemand, denn eine Lösung für unsere politischen Probleme hat man eben nicht „einfach mal so“ parat. Die AfD hat sich zumindest über den Sieg von Trump gefreut. Uns bleibt damit einfach nur übrig, zu verhindern, dass sie sich 2017 noch mal freuen kann.

Verhindert die neue Rechte und nutzt euer Recht, zu wählen, denn noch leben wir in einer Demokratie. Und wer am Wahlsonntag zu verkatert, zu fertig, zu faul, zu krank oder irgendwas anderes war, um wählen gehen zu können, soll sich dann anschließend nicht über die schrecklichen Wahlergebnisse echauffieren. Ich hoffe einfach, dass in Deutschland nächstes Jahr kein Albtraum wie der Sieg Trumps zur Realität wird. Nutzt diesen Schlag ins Gesicht, um unsere Zukunft vielleicht anders zu gestalten.