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Drogencheck im Club: Weißt du wirklich, was in deinem Ecstasy ist?

Von Melanie Waldschmitt

Gute Musik, gute Leute, gute Stimmung. „Bock auf noch mehr Spaß?‟ Ein Junger Typ, Nett, Anfang 20, Jeans und Bandshirt. Man braucht nicht nachzufragen, man weiß was er meint. Ecstasy, LSD, Speed, Koks… irgendwas wird schon dabei sein. Drogen – die angebliche Maximierung von einer guten zu einer besseren Party. Rauschzustände beim Tanzen über den gefliesten, klebrigen Boden im Club oder die matschigen Pfützen auf dem Festival. Absolute Happiness. Die Wirkstoffe sorgen durch körperliche Begleiterscheinungen wie erhöhtem Herzschlag und Serotonin-Ausschüttung für eine euphorisierende Wirkung. Man feiert mit anderen Menschen, fühlt sich diesen verbunden, überwindet Schüchternheiten, fühlt sich entspannt, wach und frei. Intensiv. Die Umgebung, die Musik, die Menschen und die eigenen Gefühle.

Alles wird intensiver

Intensiv erleben. Das pure Glück. Aber ist es das wirklich? Das pure Glück? Wie der Kater beim Alkohol den Mageninhalt leert und jegliche Kotztüten aufbraucht, so wird es nach einer berauschten Nacht auch dein Serotonin-Haushalt sein: leer und aufgebraucht. Die Tage darauf fühlt man sich nicht mehr so glücklich… eher niedergeschlagen, müde, antriebslos. Manchen Partywütigen ist es auch das wert. Was aber, wenn der Trip weitaus unangenehmer endet? Was, wenn die scheinheilig versprochene Reinheit der Droge eben nicht das pure Glück ist? Sondern gefährlich gemischte Substanzen das psychedelische Erlebnis zum Albtraum machen?

Oftmals hat die blaue Pille auf der Handfläche schon etliche Stationen hinter sich, die versuchen, die Subtanz noch intensiver zu machen – ohne davon aber mehr zu verwenden. Stattdessen werden andere Zusätze beigemischt, die von Mehl bis hin zu tödlichen Beisätzen wie PMMA reichen. So berichteten im April 2014 etwa Schweizer Zeitungen darüber, dass eine falsche Ecstasy-Pille mit dem lebensgefährlichen Stoff PMMA gerade durch Partys und Festivals wandert – die Warnung rettet Leben. In der Schweiz wurde bereits vor 17 Jahren ein Projekt in Zürich gestartet, das sich „Safer Parties‟ nennt. Ein Team aus Sozialarbeitern und Chemikern vom kommunalen Drogeninformationszentrum bietet Party- und Festivalbesuchern an einem Stand an, Drogen auf ihre Reinheit zu testen.

 

„Drug Checking‟ – Wissen, was man sich einwirft

 

Es geht dabei nicht darum, Drogen zu propagieren und Werbung für den Konsum zu machen. Es geht vor allem um Aufklärung. Darum, dafür zu sorgen dass die Konsumenten wissen, ob wirklich Ecstasy in Ekstase versetzt oder irgendein zusammen gepantsches Zeug dich komplett ausknocken wird. Häufige Ursache dafür ist das vorherige Strecken von jeweiliger Droge vom Dealer: sogenanntes „Lacing‟. Gestreckte Drogen bringen mehr Gewinn. Der Dealer kann mehr verkaufen und mehr daran verdienen. Die Folgen interessieren ihn dabei eher wenig.

Man unterscheidet zwischen pharmakologisch unwirksamen Stoffen, wie zum Beispiel Zucker bei Koks. Diese vergrößern die Menge und haben aber keine zusätzliche Wirkung – sie verändern nur die Substanz. Nur deshalb testen Polizisten Koks, in dem sich etwas von dem Pulver auf die eigene Zunge geben. Reines Koks ist wasserlöslich und löst sich dementsprechend sofort auf. Gestrecktes Koks nicht. Neben recht harmlosen Zusätzen wie Zucker spricht man aber auch von pharmakologisch wirksamen Zusätzen. Zum Beispiel Lidocain oder das allbekannte Paracetamol im Heroin verstärken den Rausch. Das Risiko für eine Überdosis ist groß. Krämpfe, Atemnot, Herzrhythmusstörungen… Das Instrument für das Drug Checking, welches „Safer Parties‟ nutzt, ist HPLC – High Performance Liquid Chromatographie.

Mit der Analyse der Drogen, die Menschen in allen Altersklassen und aus allen Milieus zu Partys mitbringen oder dort erworben haben, kann bestimmt werden, welche Inhaltsstoffe enthalten sind und welche Menge davon gefährlich wird. Ziel des Drug Checkings ist es, ein Bewusstsein über die Substanz zu bekommen, die man zu sich nimmt.

Das Problem von Drogen ist der unkontrollierte Markt

 

Drogen sind gefährlich und deshalb illegal. Doch das Verbot von Drogen macht sie nicht ungefährlicher. Im Gegenteil. Es bietet eine ideale Nische für Kriminelle und ein weites Drogennetz, bei dem selbst der jahrelange Straßendealer an der Ecke eigentlich keine Ahnung hat, woher das Zeug stammt – vor allem was darin ist. Es geht nur ums Verkaufen. Möglichst oft, möglichst viel. Die Verbreitung und das Konsumieren von Drogen kann man nicht stoppen –  aber das Verbot dessen bietet einen idealen Raum für unkontrollierten Verkauf. Seit Jahren wird deshalb über eine Legalisierung von Drogen diskutiert. Nicht um diese zu verbreiten, sondern um zu versuchen, die Zahl von Drogentoten zu verringern, die durch gestreckte Substanzen an einer Überdosis sterben. Plädiert wird für eine Kontrolle des Marktes. „Drug Checking‟ setzt genau an diesem Ansatz an. Kontrollieren und Jugendliche schützen. Neben dem Test der Substanz sind nämlich auch Sozialarbeiter vor Ort, die über Risiken von Drogenkonsum aufklären, Ansprechpartner für Fragen sind und auch den Konsumenten vor sich mal eben unter die Lupe nehmen. „Hast du schon mal Erfahrung mit Drogenkonsum gemacht?“ „Wie oft nimmst du Drogen?“ „Was sind die Beweggründe?“ Schutz steht hier im Fokus der Arbeit des Teams.

 

Wann zieht Deutschland endlich nach?

 

Sind wir mal ehrlich: Jeder, der schon mal öfter in Clubs und auf Festivals die Nächte durchgetanzt hat, hat womöglich schon das ein oder andere Mal etwas angeboten bekommen, beobachtet oder vielleicht sogar selbst schon mal versucht. In Deutschland ist der Erwerb und Besitz von Drogen verboten. Dementsprechend ist das Drug Checking auch illegal.

Meistens weiß man eben nicht woher. Und das macht es so gefährlich. An Kiffen stirbt man nicht, aber Substanzen wie Ecstasy zum Beispiel können mehr Schaden anrichten als nur mal Kotzen oder Kreislaufkollaps. Genau deshalb ist die Idee von „Drug Checking‟ zu befürworten. Die Niederlande und die Schweiz sind neben Spanien, der USA und Australien nur einige Länder, die damit versuchen, Wissen zu vermitteln.

Auch in Deutschland sollte ausführlich über Drogen und dessen Wirkung aufgeklärt, der Inhalt untersucht und der Konsument beraten werden. Da bleibt nur zu hoffen, dass man die Offenheit gegenüber Drogenkonsum als eine Chance des Schutzes sieht, womit „Drug Checking‟ im besten Fall Leben retten kann.