Panzer

Recht gegen Vernunft: Hamas wird von Terrorliste gestrichen

Von Rebecca Naunheimer

Seit der Entführung und Ermordung dreier israelischer Jugendlicher im vergangenen Sommer ist der langjährige Gaza-Konflikt zwischen Palästinensern und Israelis erneut eskaliert. Tausende Menschen – Palästinenser wie Israelis – leben seitdem in ständiger Todesangst. Hinter dieser schrecklichen Tat steckt die radikal-islamische Organisation „Hamas“. Mit dem erklärten Ziel, den Staat Israel zu zerstören und einen islamischen Staat zu errichten, machte die Gruppierung schon mit vielen Bluttaten Schlagzeilen: „Hamas: Haben israelischen Soldaten in unserer Gewalt“, titelte die Süddeutsche Zeitung im Juli. „So funktioniert Terror: Jeden Tag feuert die Hamas Raketen auf Israel ab“ , schrieb der Spiegel im November, Wenn man sich von Tel Aviv oder Jerusalem aus der Grenze zum Gaza-Streifen nähert, ist es, als würde das Leben langsam einfrieren.“

 

Recht siegt über Vernunft?

 

Was diese Schlagzeilen unüberhör laut schreien: Die Hamas ist eine Terrorgruppe, die das Leben vieler Menschen bedroht. Der Europäische Gerichtshof jedoch scheint diese Schreie nicht zu hören. Oder wenigstens nicht hören zu wollen. Denn heute morgen entschied das Gericht, dass die Hamas von der europäischen Liste der Terrororganisationen gestrichen werden muss. Grund dafür: Die EU hat den Schlagzeilen der Medien wohl zu deutlich gelauscht und Vernunft über Recht walten lassen. So wirft man – auf Klage der Hamas hin – der EU vor, sie habe sich bei der Einstufung der Hamas als Terrorgruppe nur auf Informationen aus dem Internet und der Presse gestützt, wie die Süddeutsche Zeitung das Urteil zusammenfasst. Was dagegen fehlt, seien belastbare Beweise von Sicherheitsbehörden der EU-Staaten. Also noch belastbarer als Fotos und Augenzeugenberichte von Journalisten und Betroffenen.

Dass die Hamas tatsächlich eine terroristische Vereinigung ist, das streitet der Gerichtshof dabei nicht ab, schreibt die Süddeutsche Zeitung. Alleine zähle das Recht und das läge auf Seiten der Terroristen. Wir müssen uns daher mit Berechtigung wundern: Ist der Gerichtshof eigentlich noch bei Vernunft? Doch damit machen wir es uns ein wenig zu leicht, denn die Frage von Recht und Vernunft ist eine schwierige. Das zeigten schon viele Fälle, über die ZEITjUNG.de berichtete: Ist der Datenschutz Grund, den Videobeweis eines Einbruchs zu ignorieren? Ist die Hacker-Attacke von Anonymous gegen den Ku-Klux-Klan Grund zu Jubel oder Verurteilung?

 

Was bedeutet das Urteil in der Realität?

 

Während das Gewicht von Recht und Vernunft wohl auch im Falle der Hamas in den Gedanken jedes Einzelnen bleiben muss, wird das Urteil des Gerichtshofs dagegen Realität. Und das bedeutet einen schweren Schlag gegen die europäische Terrorbekämpfung. Verliert die Hamas den Status als Terrororganisation, werden alle europäischen Konten der Organisation freigegeben und die Mitglieder können sich unbeobachtet bewegen. Was die noch laufenden Freiheitsstrafen verurteilter Mitglieder in EU-Staaten betrifft, lässt der Gerichtshof diesen noch eine dreimonatige Frist. Eine Frist, die Verwaltungsfehler der EU zu korrigieren. Neue Klassifizierungskriterien auszuarbeiten, Recht und Vernunft wieder in Einklang zu bringen. Eine Sprecherin kündigte an, die EU werde die Hamas trotz des Urteils weiter als Terrororganisation betrachten. Man werde nun die Sachlage prüfen und nach Möglichkeit Rechtsmittel einlegen.

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Bildquelle: Israel Defense Forces unter CC BY-SA 2.0