Schulreform Finnland

Finnland: Schulfächer werden durch „Phänomene“ ersetzt

„Fack ju Göthe“ – auch wer nicht in den Genuss der gleichnamigen Schulkomödie mit Elyas M´Barek gekommen ist, der hat diesen Satz damals im Deutschunterricht bestimmt das ein oder andere Mal vor sich hin gemurmelt. „Wofür brauche ich das überhaupt?“, war die Frage aller Fragen, welche wir uns unzählige Male während unserer Lehrjahre, egal ob auf Haupt-, Realschule oder dem altsprachigem Gymnasium, gestellt haben. Um genau diese Sinnfrage zu vermeiden und der zukünftigen Generation wirklich nur das beizubringen, was sie im späteren Leben braucht, fährt Pisa-Vorzeigeland Finnland nun eine radikale Schulreform.

 

So gehören an finnischen Schulen traditionelle Fächer wie Mathe und Englisch bald der Vergangenheit an, denn: Anstelle von Fächern sollen hier bald nur noch Themenblöcke, sogenannte „Phänomene“, unterrichtet werden. Das sieht so aus, dass sich die Schüler Themen gemeinsam erarbeiten und so mehr untereinander kommunizieren – das volle Kontrastprogramm zum klassischen Frontalunterricht also. Auch die Lehrer sollen sich umstellen und fortan Team-Work betreiben, was die Unterrichtsvorbereitung betrifft.

 

Gastronomie und EU als Unterrichtsfächer

 

„Caféteria“ oder „Europäische Union“ könnten die neuen Fächer beispielsweise heißen. Klingt jetzt erst mal so, als ob es bei Ersterem um Kaffeekochen geht – tut es aber nicht. Im Fach „Caféteria“ sollen Elemente von Mathe am Beispiel von Lebensmittelmengen, Rechnungen und Trinkgeldern erarbeitet werden. Nebenbei können hier auch Fremdsprachen trainiert werden, die für den Umgang mit internationalen Kunden von Nutzen sind. Das Themengebiet „Europäische Union“ soll eine Mixtur aus den altbekannten Schulfächern Geschichte, Wirtschaft und Geografie sein.

 

Finnland als Vorreiter in Sachen Bildung

 

Klingt mutig, was die Finnen da vor haben. Trotzdem ist es nicht ganz wunderlich, dass ausgerechnet finnische Köpfe hinter dieser neuen Unterrichtsidee stecken, denn Fakt ist: Die Finnen besetzen seit Jahren konstant die ersten Ränge der Pisa-Studie, ihr Bildungssystem scheint also ganz gut zu fruchten. Bis 2020 soll die „Phänomene“-Reform, welche seit zwei Jahren schon an einigen Schulen getestet wird und auch erste Erfolge zeigt, schrittweise durchgesetzt werden. Wir sind gespannt, wie die neuartigen Fächer bei den finnischen Schülern so ankommen. Vielleicht finden sich ja künftig auch ein paar Nachahmer unter den Pisa-Ländern. Großbritannien hat jedenfalls schon Interesse bekundet. Und hierzulande würde ein Fach wie „Caféteria“ dem Bildungsdruck wohl auch nicht gerade schlecht tun.

 

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Bildquelle: Jirka Matousek unter CC BY 2.0