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Gebundene Rotation: Warum sehen wir den Mond immer von derselben Seite?

An einem sternenklaren Abend leuchtet der Mond in seiner gesamten Pracht – dabei sieht er immer gleich aus. Er präsentiert uns immer dieselbe Seite. Aber woran liegt das?

Dieses Phänomen wird als gebundene Rotation bezeichnet. Bei dieser Rotation dreht sich der Mond in exakt der gleichen Zeit um seine eigene Achse, wie er die Erde umrundet – nämlich in 27,3 Tagen. Diese synchronisierte Bewegung ist das Ergebnis der starken Gezeitenkräfte, die von der Erde aus wirken.

Die Anziehungskraft der Erde

Laut Welt der Physik entstehen Gezeitenkräfte durch Unterschiede in der Gravitationskraft. Die Anziehungskraft der Erde auf den Mond variiert je nach Entfernung, sodass die dem Planeten zugewandte Seite stärker angezogen wird als der Mittelpunkt und die Rückseite des Mondes. Diese Unterschiede erzeugen sogenannte Gezeitenbeulen, die die Eigenrotation des Mondes allmählich verlangsamen. Dadurch erreicht der Mond seine gebundene Rotation.

Faszinierende Mond-Librationen

Obwohl wir vom Mond immer die gleiche Seite sehen, erfassen wir tatsächlich etwa 60 Prozent seiner Oberfläche. Laut ardalpha ermöglichen uns die sogenannten Librationen (Taumelbewegungen), die durch die leicht elliptische Umlaufbahn des Mondes entstehen, manchmal mehr von der westlichen und manchmal mehr von der östlichen Seite des Mondes zu sehen. Auch die Neigung der Mondbahn zur Ekliptik ermöglicht es uns, abwechselnd nördlichere oder südlichere Regionen des Mondes zu sehen. Diese Schwankungen sind besonders gut durch ein Fernrohr zu erkennen, wenn man die Krater und Berge am Rand der Mondscheibe beobachtet.

Die Erde bewegt sich laut ardalpha in der gleichen Ebene um die Sonne wie alle anderen Planeten. Diese Ebene nennen wir Ekliptik oder Planetenebene. Auch der Mond bewegt sich ungefähr in dieser Ekliptik um die Erde.

Stabilisierung der Erdachse durch den Mond

Die Gravitationskraft des Mondes spielt eine entscheidende Rolle bei der Stabilisierung der Erdachse. Ohne den Mond würde die Erde ins Taumeln geraten, was gravierende Auswirkungen auf das Klima und die Jahreszeiten hätte.

Durch die Gezeitenreibung, die sich sogar im Erdmantel bemerkbar macht, verlangsamt sich die Rotation der Erde allmählich. Jährlich verlängert sich die Dauer eines Tages dadurch um etwa 15 bis 16 Mikrosekunden. Über sehr lange Zeiträume könnten sich Erde und Mond schließlich synchronisieren und sich gegenseitig immer die gleiche Seite zuwenden – ein Zustand, den Astronomen bereits bei Pluto und seinem Trabanten Charon beobachten.

Die geheimnisvolle Mondrückseite

1959 gelang es der sowjetischen Raumsonde Lunik 3, fast vollständige Bilder der Rückseite des Mondes aufzunehmen. Bis dahin war diese Seite des Mondes für die Menschheit ein Rätsel. Die Erkenntnisse, die durch diese und nachfolgende Missionen gewonnen wurden, erweiterten unser Verständnis des Mondes und seiner Bewegungen erheblich.

Gebundene Rotation im Universum

Gebundene Rotation ist kein einzigartiges Phänomen unseres Mondes. Viele Monde im Sonnensystem zeigen dasselbe Verhalten. Die vier größten Jupitermonde sowie 16 Saturnmonde sind Beispiele dafür. Besonders interessant ist der Planet Merkur, der sich in einem 2:3-Rhythmus dreht: Während zwei Umläufen um die Sonne dreht er sich dreimal um seine eigene Achse.

Wärmeerzeugung durch Gezeitenkräfte

Neben der Rotation haben Gezeitenkräfte noch eine weitere faszinierende Nebenwirkung: Sie können die betroffenen Himmelskörper erwärmen. Ein extremes Beispiel ist der Jupitermond Io, dessen intensive vulkanische Aktivität auf die Erwärmung durch die Gezeitenkräfte des Jupiters und seiner anderen Monde zurückzuführen ist. Bei der Erde und dem Mond ist dieser Effekt jedoch zu gering, um bedeutende Veränderungen hervorzurufen.

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