Infusionen für Zuhause: Gesundheits-Boost oder gefährlicher Trend?

In den USA bieten immer mehr hochwertige Wohnanlagen intravenöse (IV) Infusionen als Teil ihres Wellness-Programms an. Laut der New York Times haben die Bewohner*innen diese Behandlungen als regelmäßige Wellnesspraktiken integriert.

Marcell Leon Viragh, ein Student an der Los Angeles Film School, nutzt die IV-Therapie seit zwei Jahren. Er berichtet, dass ihm intravenöse Infusionen helfen, Jetlag zu vermeiden und die Heilung nach Tätowierungsentfernungen zu fördern. Viragh zahle etwa 5.800 Euro im Monat für eine Ein-Zimmer-Wohnung im Park Santa Monica, wo der Service bequem verfügbar sei.

Michele Merlo, ein 66-jähriger Restaurantbesitzer aus Miami, nutzt IV-Infusionen seit diesem Jahr und beschreibt das Gefühl nach der Infusion als „einen Turbo“. Auch Joe Laresca, ein 31-jähriger Unternehmer aus Manhattan, findet die Therapie belebend und vergleicht das Gefühl mit einem Kälteschock nach einem Dampfbad. Die Kosten für die Behandlungen im One Manhattan Square betragen 270 bis 315 Euro pro Infusion.

Luxuriöse Wohnanlagen bieten IV-Therapien

In den letzten Monaten haben einige luxuriöse Wohngebäude in Los Angeles, Miami und Manhattan begonnen, diese Behandlungen vor Ort anzubieten. Mieter*innen können die Infusionen entweder in ihren Apartments oder in speziellen Behandlungsräumen erhalten. Danielle Remington von Drip Hydration, einem Anbieter dieser Dienste, sagt, dass gesunde Menschen die Behandlungen regelmäßig ohne Bedenken nutzen könnten. Kritiker*innen warnen jedoch vor den möglichen Risiken und dem fragwürdigen Nutzen dieser Therapie. Dr. Claire E. Brown von der University of California, Los Angeles, betont, es gebe keinerlei wissenschaftliche Belege dafür, dass diese Therapien für den durchschnittlichen Menschen von Vorteil seien.

Kosten und Prominenz

IV-Infusionen wurden vor etwa einem Jahrzehnt populär und kosten je nach Anbieter und Inhaltsstoffen zwischen 90 und 900 Euro pro Behandlung. Prominente wie Gwyneth Paltrow und Harry Styles nutzen diese Behandlungen bereits. Heute sind IV-Therapien in medizinischen Spas, Resorts und auch Einkaufszentren zu finden. Manche Anbieter machen sogar Hausbesuche.

Bryan Grandison von Extell, einem Immobilienentwickler, der IV-Therapien im New Yorker One Manhattan Square anbietet, erklärt, dass die Behandlungen auf Wunsch der Kund*innen in das Angebot aufgenommen wurden. Die Bewohner*innen müssen vor ihrer ersten Behandlung ein Screening durchlaufen und eine Haftungsverzichtserklärung unterzeichnen. Grandison betont, so werde ein nahtloser Service gewährleistet.

Regulierung und Risiken

Medizinische Spas, die diese Behandlungen anbieten, bewegen sich in einer regulatorischen Grauzone. Die Vorschriften variieren von Staat zu Staat. In Kalifornien darf nur ein Arzt oder eine Ärztin einen medizinischen Spa besitzen, während in Florida jede*r ein solchen Spa betreiben kann, solange ein medizinischer Direktor oder Direktorin angestellt ist und die Behandlungen von lizenzierten Fachkräften durchgeführt werden.

Der globale Markt für medizinische Spas expandiert rapide und soll bis 2030 ein Volumen von 45 Milliarden Euro erreichen, prognostiziert Zion Market Research. Beth McGroarty vom Global Wellness Institute erklärt, dass Wellness zunehmend klinischere Behandlungen umfasst und nicht mehr nur mit Yoga und Meditation assoziiert werde.

Kritik und potenzielle Gefahren

Kritiker*innen argumentieren, dass intravenöse Infusionen bestenfalls eine extrem überteuerte Alternative zum Trinken eines Glases Wasser seien und schlimmstenfalls Menschen mit bestehenden Gesundheitsproblemen wie Nierenerkrankungen oder Bluthochdruck schaden könnten. 2018 musste Kendall Jenner nach einer schlechten Reaktion auf eine IV-Infusion ins Krankenhaus. Im letzten Jahr starb eine Frau nach einer IV-Therapie im Luxe Med Spa in Wortham, Texas; die Lizenz des medizinischen Direktors wurde daraufhin vorübergehend eingeschränkt.

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Bild: Raph_PH via Wikimedia unter CC BY 2.0