John Oliver Debt Buyers Late Night Show

Wenn Comedians die Arbeit von Politikern machen: So hilft John Oliver 9000 Menschen

Er ist bekannt als der Mann, der in Moskau ein Interview mit NSA-Enthüller Edward Snowden führte, aus Donald Trump kurzerhand Donald „Drumpf“ machte und für den türkischen Präsidenten Erdogan immer ein paar herrlich spöttische Tipps parat hat: John Oliver ist der britische Jahn Böhmermann, nur mit amerikanischer Late Night Show.

Doch sein neuester Coup stellt alle bisherigen Highlights locker in den Schatten. In der letzten Ausgabe seiner Talkshow „Last Week Tonight“ verkündete Oliver nämlich, dass er die Arztschulden von 9000 Menschen beglichen hat, um auf einen von Amerikas zahlreichen Missständen aufmerksam zu machen. In einigen US-Bundesstaaten ist es nach dem zweifelhaften Prinzip „Debt Buying“ nämlich möglich und sogar legal, Schulden zu kaufen und dann einzukassieren – selbst wenn diese längst verfallen sind. Die meisten armen Amerikaner sind verschuldet, weil sie keine oder nur eine unzureichende Krankenversicherungen haben und ihre Arztrechnungen deshalb häufig privat begleichen müssen. Deshalb übernahm Oliver jetzt die Arztschulden von 9000 Amerikanern – in Höhe von 60 000 Dollar.

 

Oliver verzichtet auf jegliche Rückzahlungen

 

Zu diesem Zweck gründete der Moderator eigens das Inkassounternehmen „Central Asset Recovery Professionals“, was ihn nach eigener Aussage kaum bürokratischen Aufwand kostete. Jede echte Firma hätte die insgesamt 15 Millionen Dollar nun eingetrieben und damit eine Menge Gewinn gemacht. „Ich hätte legal meine Mitarbeiter bei diesen Menschen anrufen und ihr Leben auf den Kopf stellen lassen können – und das wegen Medizin-Schulden, die sie gar nicht mehr bezahlen mussten“, erklärte Oliver in seiner Sendung. „Daran wäre überhaupt nichts falsch, außer der Tatsache, dass absolut alles daran falsch ist.“

 

Deshalb verzichtete Oliver natürlich auf eine Rückzahlung der „Schuldner“ und machte sie und die Öffentlichkeit vielmehr auf die Non-Profit Organisation RIPMedicaldebt.org aufmerksam, die Geld für den Aufkauf und die Begleichung von Schulden armer Menschen sammelt. Die Organisation freut sich sehr über das verstärkte Interesse: „Das ist absolut fabelhaft“, sagte der Geschäftsführer Craig Antico. „Das wirft ein Schlaglicht auf ein Problem, von dem wenige Menschen wissen.“

 

„Now we laugh about politicains and listen to comedians”

 

So bewundernswert und beispiellos diese Aktion auch ist – eigentlich ist es doch völlig absurd, welche gesellschaftlichen Aufgaben Comedians mittlerweile zuteil werden. Vor allem der politische Einfluss ist in den letzten Jahren rasant gestiegen: Da ist ein Jan Böhmermann, der mit ein paar Gedichtzeilen Erdogan und einen ganzen Staat gegen sich aufbringt oder mit ungeheurem, investigativem Aufwand die Ungeheuerlichkeiten des Privatsenders RTL zutage führt. Und nun John Oliver, der ganz nebenbei den Schuldenberg von 9000 Menschen verschwinden lässt. Das ist ja alles schön und gut. Dafür lieben wir sie. Aber wären für die Beseitigung solcher Missstände nicht eigentlich ganz andere zuständig?

Tatsächlich hat sich die berühmte These „We used to laugh at comedians and listened to politicians. Now we laugh at politicians and listen to comedians” selten so bewährt wie in den letzten Wochen. Doch was für den Moment höchstamüsant und wohltuend erscheint, wirkt als reelle Zukunftsvision doch ein wenig beunruhigend.

 

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Bildquelle: Youtube