Liebe ist die schönste aller Geisteskrankheiten

Liebe ist die schönste aller Geisteskrankheiten

“Your love’s got me looking so crazy right now.“

Die legendäre Zeile eines Songs, der nicht umsonst seit 2003 für hartnäckige Ohrwürmer sorgte: Sind wir nicht alle manchmal ein bisschen “crazy in love“? Dieses Gefühl, wenn all deine Pläne und komplizierten Probleme plötzlich vollkommen unwichtig erscheinen. Sie wurden von dem leichten und plüschigen Gefühl des Verliebtseins abgelöst. Wir stürzen und Hals über Kopf in etwas, das für uns die Lösung von mindestens 99,9 Prozent all unserer generationsspezifischen Probleme ist. Das alles erscheint, von außen betrachtet, vielleicht ziemlich verrückt, ist für uns aber logisch und vielleicht sogar noch ein bisschen aufregend. Es kribbelt halt einfach zu schön.

Besonders junge Menschen gaben bei einer Studie auffallend viele Symptome an, die auch Patienten mit einer leichten Manie angaben. Wahnsinn also. Sagen wir also “Ich lieb’ dich wie verrückt!“, dann ist das manchmal näher an der Wahrheit, als wir vermuten würden. Liebe und Verliebtsein machen uns ein klein wenig wahnsinnig. Und das ist auch gut so.

 

 

Die Symptome

 

Du und dein neuer/s Typ/Mädel wart jetzt schon zwei Mal was trinken. Nächste Woche geht ihr (vielleicht) ins Kino. Ist aber ganz egal, denn du siehst eure Zukunft schon in strahlenden Farben und leuchtenden Bildern vor dir: Hochzeit, Haus und Hund. Wie viele Kinder möchte er/sie eigentlich? Du hoffst, dass er/sie “Elyas Guido Brooklyn“ auch für einen fantastischen Namen für euren Erstgeborenen hält.

Und so weiter und so fort: Schlägt die Liebe einmal zu, dann ist der Realitätsverlust auch nicht mehr weit. Plötzlich erscheinen uns die wildesten Tagträume und imposantesten Luftschlösser als vollkommen plausibel. Schließlich sind wir ja auch verliebt.

 

“Who he think he is? Look at what you did to me.“ – Beyoncé

 

Neben dem Realitätsverlust sind bei frisch Verliebten aber auch Symptome wie übertriebene Selbstprojektion (“True Colors“ ist definitiv für mich und ihn geschrieben worden!“ oder “I will always love you“ ist sooooooo ein schöner Song und sooo wahr!“) und übertriebene Sprunghaftigkeit („Morgen kann ich nicht. Dienstag vielleicht. Ich weiß noch nicht. Kann ich dir spontan Bescheid sagen? Habe da so ein/en Mädel/Typen am Start.“) Sogar unsere Wahrnehmung kann sich verändern: „Die Welt durch eine rosarote Brille“ bezieht sich nicht nur auf die Tatsache, dass wir die schiefen Zähne und den Mundgeruch des Gegenübers „irgendwie süß“ und „voll menschlich“ finden. Nein, tatsächlich steigern sich unsere Wahrnehmungskräfte im Liebesrausch. Farben erscheinen kräftiger, Musik schöner und Erinnerungen lebendiger.

Biologisch gesehen, sind es tatsächlich Stresshormone, die Verliebte steuern. Die Apotheken-Umschau, unser erster Ansprechpartner, wenn es um medizinische Fachfragen geht, schreibt sogar, dass das Verliebtsein mit einem Drogenrausch zu vergleichen ist. Na, die müssen es ja wissen. Fest steht jedoch, dass die Liebe und besonders das Verliebtsein uns verändert – uns vielleicht sogar zu einem besseren Menschen machen kann.

 

Ein Realitätscheck

 

Und im echten Leben? Katharina hat Max auf dem Oktoberfest kennengelernt: Bier, Busen und Bussis. Katharina hat Max eines dieser Bussis gegeben. Seitdem sind sie irgendwo zwischen großer Liebe und großem Wahnsinn. Sie spricht am Samstag vom Zusammen-aufs-Land ziehen, Kindern und Altersvorsorge. Montags dann von Max’ herannahendem Alkoholproblem und seinem besorgniserregend engem Verhältnis zu seiner Mutter. Mittwochs ist das mit hoher Wahrscheinlichkeit wieder vergessen. Man könnte das, als Außenstehender, durchaus als ein bisschen wahnsinnig bezeichnen.

Aber, dass Liebe manchmal ein bisschen verrückt machen kann, das wissen wir alle. “Crazy in love“ ist ein Zustand, der trotz des ganzen Wahnsinns, den das Verlieben mit sich bringt, wunderschön sein kann. Was wir nicht immer wissen, aber uns in unseren all zu ernsten Momenten zu Gemüte führen sollten: Manchmal ist es gar nicht so schlimm, seinen Verstand zu verlieren.

Schon Nietzsche wusste:

„Es ist immer etwas Wahnsinn in der Liebe.
Es ist aber immer auch etwas Vernunft im Wahnsinn.“