Yuri Russland

Wie junge Menschen in Russland für eine bessere Zukunft kämpfen

Von Andreas Rossbach

Für den Schutz der Menschenrechte auf die Straße gehen, sich für Gleichberechtigung und mehr Toleranz einsetzen und Minderheiten helfen – wie könnte man zu einer besseren Welt beitragen? Drei junge Menschen aus St. Petersburg erzählen von ihrer freiwilligen Arbeit. Ein Porträt.

 

Kostja, 19, Perspektivy Spb

 

“Ein wunderbares Gefühl, wenn dir die Menschen ein Lächeln schenken, dass willst du nicht mehr missen”, versichert mir Kostja. Er sei wie immer morgens in der Metro zur Uni gefahren und dann war da dieses Werbeplakat von der NGO “Perspektivy Spb”, auf das er aufmerksam geworden ist. “Ich habe nicht lange gezögert und beschlossen, Gutes zu tun”, sagt er. Anders als Kostja aus St. Petersburg haben viele junge Leute in Russland keine Lust oder Zeit, sich freiwillig zu engagieren. Das sei ein großes Problem, denn ohne freiwilliges Engagement würde die Gesellschaft gar nicht funktionieren, erklärt der junge Petersburger. “Wir brauchen dringend freiwillige Helfer*innen, die Stadt tut viel zu wenig, um die schwächeren Menschen in unserer Gesellschaft zu unterstützen“.

Es ist nun etwa eineinhalb Jahre her, dass Kostja beschlossen hat, sich sozial zu engagieren. Mit einem freiwilligen sozialen Jahr bei “Perspektivy Spb“ fing alles an. „Ich kann es nur jedem empfehlen, der neue Erfahrungen sucht und anderen Menschen in einer schwierigen Lebenslage helfen will”, sagt er. Das sei gelebte Nächstenliebe – und Spaß mache es auch.

 

Es gibt viel zu tun

 

Die gemeinnützige Initiative, eine Partnerorganisation von Perspektiven e.V. in Deutschland gibt es seit 1999. Das Hauptziel beider Organisationen ist es, Menschen mit Behinderung so gut es geht in ihrem Alltag zu unterstützen. Die Helfer*innen bei “Perspektivy Spb” in St. Petersburg organisieren unterschiedliche Aktionen für sie, Malworkshops etwa, aber auch Sprach- und Musikunterricht und Theaterstücke. Insgesamt gibt es drei verschiedene Programme. Freiwillige helfen körperlich und/oder geistig behinderten Kindern im Rahmen des „Pavlovsk Programms“ und Erwachsenen im Rahmen des „Peterhof Programms“. Schließlich wird Familien, die Kinder mit geistiger und/oder körperlicher Behinderung haben, im „Familien-Unterstützungs-Programm“ geholfen, zum Beispiel wird der Dialog zwischen betroffenen Familien gefördert.

Ein Blick auf die Situation der Menschen mit Behinderung in Russland offenbart: Mangelnde Barrierefreiheit, Selbstbestimmung und Inklusion. Die Benutzung des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs ist nahezu unmöglich. Doch wer in einer Metropole wie St. Petersburg unterwegs ist, kommt vor allem mit der U-Bahn und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln schnell, günstig und unkompliziert von A nach B. Einige Metrostationen in St. Petersburg gleichen mit ihrem Prunk und Protz nahezu unterirdischen Palästen, barrierefreies Reisen ist aber leider kaum ein Thema.

Man wolle endlich bessere Lebensbedingungen für diese Gruppe von Bewohner*innen St. Petersburgs schaffen, so Kostja. Deswegen engagieren sich insgesamt etwa 40 Freiwillige bei “Perspektivy Spb”, nicht genug, aber es sei ein guter Anfang. Die meisten Helfer*innen sind aus Russland, einige von ihnen kommen aus anderen Ländern, um sich in den unterschiedlichen Programmen bei der NGO zu engagieren. “Es gibt aber sicher noch genug zu tun, nicht nur in St. Petersburg, sondern russlandweit”, versichert Kostja.