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Abtreibungsverbot: Keiner hat das Recht, über einen fremden Bauch zu bestimmen!

Die Capio-Elbe-Jeetzel-Klinik liegt im niedersächsischen Dannenberg: Die Region macht aktuell politische Schlagzeilen, die ein Tabuthema aufreißen: Thomas Börner, Chefarzt der Gynäkologie, verbietet Abtreibungen.

 

„Du sollst nicht töten“

 

Nachdem sich Medien und Politiker ausreichend empörten, setzte Klinikbetreiber Capio die Entscheidung außer Kraft. Börner will die Klinik mittelfristig verlassen, berichtete der Spiegel. Abtreibungen seien nur bei einer gesundheitlichen Gefährdung der Mutter zulässig, sagte Börner gegenüber der Landeszeitung. Außerdem erklärte er seine Einstellung mit dem christlichen Gebot „Du sollst nicht töten“. Sein Klinikleiter stand hinter ihm, „weil ein Abbruch immer auch ein Risiko für die Gesundheit der Frau ist, die dadurch etwa ihre Gebärfähigkeit verlieren könnte“. Dass ein Chefarzt dafür nicht die Verantwortung übernehmen wolle, könnte er daher verstehen. Börner wunderte sich weiterhin, warum die Frauen denn nicht einfach verhüten. Die Pille gäbe es schon ab fünf Euro monatlich und die Pille danach sogar rezeptfrei.

 

Warum verhütet ihr nicht?

 

Ja, das fragt man sich wirklich, warum die Frauen denn nicht einfach verhüten und es so gar nicht erst zu einer Abtreibung kommen lassen. Da fällt einem rein gar nichts zu ein. Abgesehen davon: Manche Frauen wollen sich das erhöhte Thrombose- und Depressionsrisiko nicht geben. Oder sie neigen familiär bedingt zu hormonellem Krebs und wollen keine unnötigen Hormone in ihren Körper lassen. Vielleicht vertrauen sie auch der offenbar lückenhaften Forschung zu den Nebenwirkungen der Pille nicht. Die Pille danach wirkt eben auch nur bis zu fünf Tage nach dem Geschlechtsverkehr. Viele Frauen bekommen von einer ungewollten Schwangerschaft aber erst bei der ausfallenden Regelblutung mit.

 

Warum verhüten die Männer nicht?

 

Wenn man diesen beiden Männern so zuhört, könnte man meinen, eine Frau mit samt ihrer Naivität und Dummheit würde ausreichen für eine ungewollte Schwangerschaft. Einen Mann mit Verantwortung erwähnen die beiden nie. Anstatt die Frauen dazu aufzurufen, sich mit Hormonen vollzupumpen, könnte Börner auch mal ein Wort an die „Ich pass schon auf, das geht auch ohne, sonst spür ich ja gar nichts“-Sager richten. Tut er aber nicht. Genauso, wie er als möglichen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch eine Vergewaltigung nicht mal diskutiert. Ist die Frau gefährdet, sei eine Abtreibung zulässig. Bei einer Behinderung des Kindes eine „sehr persönliche Entscheidung“, wie er der Landeszeitung mitteilte. Er schiebt die Schuld und die Verantwortung den Frauen zu. Gleichzeitig spielt er sich als Beschützer auf. Im nahegelegenen Uelzen gründete er einen Verein zur Unterstützung werdender Mütter. Ähnlich macht es sein Chef, indem er die Risiken für die Frau betont. Dass Abtreibungen häufig zu Unfruchtbarkeit führen, sei jedoch ein Mythos sagte Gynäkologin Dr. Meira Dühlmeyer gegenüber Broadly.

 

Ein Verbot setzt viel zu spät an

 

Der Chefarzt und der Klinikleiter machen es sich sehr einfach in ihrer Argumentation. Sie glauben, durch ein Abtreibungsverbot könne man Abtreibungen verhindern. Doch bevor in Deutschland Abtreibung straffrei gemacht wurde, haben Frauen trotzdem abtreiben lassen. Entweder illegal oder im Ausland – beides unter erheblichen Risiken. Abtreibungen zu verbieten und Frauen von einer ungewollten Schwangerschaft zu überzeugen, setzt als Problemlösung viel zu spät an. Um Abtreibungen wirklich zu verhindern, sind andere Dinge wichtig. An erster Stelle gesundheitliche Aufklärung über Sex und Verhütung, die in den Fokus stellt, dass Frauen nicht alleine verantwortlich sind. Außerdem müssten Verhütungsmittel günstiger zur Verfügung stehen. Dass man sich die Pille nicht nach Preis aussuchen kann, sollte der Chef-Gynäkologe eigentlich am Besten wissen. Andere Verhütungsmethoden – wie die Spirale – kosten um die 200 Euro. Für Menschen ohne Chefarztgehalt ist eine solche Ausgabe nicht immer machbar. Eine Frau, die schlussendlich vielleicht sogar bereit ist, das Kind auszutragen, macht es dann doch nicht, weil sie zu große Angst hat, das Kind könnte von den überlasteten Jugendämtern nicht ausreichend betreut und vermittelt werden.

Wir haben also genug Möglichkeiten, Abtreibungen zu verhindern. Ein Verbot gehört ganz sicher nicht dazu.