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Wegwerfgesellschaft: Vermüllst Du Deine Stadt?

Ich stehe im Supermarkt. Heute Abend ist WG-Abend und ich muss ein bisschen Süßkram, Chips und viel mehr ungesunden Quatsch für unser kleines Zusammensitzen kaufen. Bonbons und Kekse sind einzeln und dann nochmal in einer Tüte verpackt – fällt mir durch das durchsichtige Plastik auf. Bei den Chips sehe ich ebenfalls viel unnötige Verpackung – aber da weiß auch jeder, dass in Chipsrollen mehr Luft als Inhalt vorhanden ist. Trotzdem finde ich dieses viele Plastik wirklich Wahnsinn… wie viel davon wohl wieder im Müll landet? Und wie viel gut Essbares wird eigentlich entsorgt?

Wir sind eine Wegwerfgesellschaft. Im Jahr 1900 haben Städter weltweit nur circa 300.000 Tonnen Müll täglich produziert  –  seit Anfang des 21. Jahrhunderts sind es schon drei Millionen. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, wird die gesamte Menschheit bis 2025 jeden Tag sechs Millionen Tonnen produzieren. Die Tendenz ist nur leider nicht mal gleichbleibend, sondern steigend.

Der meiste Abfall kommt aus Industriestaaten in Nordamerika und Europa, so die WELT. Auf Müllhalden in China, Korea, Brasilien und Mexiko landen vereinzelt täglich mehr als 10.000 Tonnen Abfälle – das entspricht einem Gewicht von 200 Blauwalen. In Regionen mit hohem Wirtschaftswachstum, China beispielsweise, ist der Abfall klar höher. Ein Städter verursacht doppelt bis viermal so viel Müll wie ein Landbewohner – und immer mehr Menschen ziehen in große Städte, schreibt das Team um Daniel Hoornweg, Professor für Energiesysteme an der Universität von Ontario in Kanada.

Wie soll das nur weitergehen?

Wie viel Müll wir wirklich produzieren, lässt sich auch an den Ozeanen ablesen. Sechsmal soviel Plastik wie notwendiges, tierisches Plankton fanden Seeforscher bei einer Stichprobe im Pazifik. Die von Abfall überspülten Küsten sind Zeuge davon und stellen eine akute Gefahr für das Grundwasser dar, so der Spiegel. In Elektronikgeräten, Kleidung und Spielzeug sind Kunststoffe zu finden, welche im Meer zu winzigen Partikeln zerrieben und dann von Fischen, Schildkröten und anderen Meeresbewohnern geschluckt werden – die wiederum auf unserem Teller landen. Aber auch an Land stellt übermäßig viel Abfall ein Problem dar: Hoornweg und seine Kollegen gehen von weltweit rund 2000 Müllverbrennungsanlagen aus, von denen die größten bis zu 5000 Tonnen täglich verarbeiten können. Neben hohen Kosten können Abgase auch die Luft und den Boden belasten.

Und wie können wir unseren eigenen Konsum verändern?

1,3 Milliarden Tonnen Lebensmittel verderben jährlich auf der Welt – das ist ein Drittel davon, was hergestellt wird. Um den weltweiten Müllverbrauch einzudämmen, hilft zum Beispiel die Initiative foodsharing in großen Städten Deutschlands. Die App „Too Good To Go“  sorgt dafür, dass übrig gebliebenes Essen von Betrieben und Privatpersonen gesammelt wird und verhindert somit, dass noch mehr weggeworfen wird. In der aus Dänemark stammenden App werden Restaurants in der Nähe angezeigt, die nach Ladenschluss übrig gebliebene Lebensmittel haben, die eigentlich entsorgt werden müssten. Zwischen zwei und vier Euro gibt es über das Handy dann alles, was „zu gut ist, um zu gehen“ zu kaufen – was unserem Geldbeutel und unserem Gewissen schmeichelt. Sogar die Verpackung, in der Du das Essen abholst, ist aus Zuckerrohr und biologisch abbaubar. Der einzige Haken: In München nehmen bis jetzt kaum Restaurants an dem Start-Up teil, in Berlin sind da schon 30 zu finden. Trotzdem guten Appetit!

Forscher sehen zudem ein kontrolliertes, sinkendes Wachstum der Bevölkerung, sowie leichtere, verbesserte Verpackungen und Recyclingsysteme als Chancen, endlich kaum mehr etwas wegzuschmeißen. Sogar ein steigendes Umweltbewusstsein führt zum Umdenken vieler: In der Nähe von Tokio zum Beispiel. In Kawasaki gilt es als gute gesellschaftliche Norm, wenig wegzuwerfen. Zudem sind Importgüter so teuer, dass sie wenig gekauft werden – somit entsteht auch wenig Verpackung durch lange Transportwege. Durch die Verbesserung industrieller Prozesse konnten dort bis jetzt jährlich 565.000 Tonnen Müll vermieden werden. Zum Vorbild können wir Deutschen uns auch San Francisco nehmen – die Stadt an der nordamerikanischen Westküste möchte bis 2020 ihren Abfall auf null reduzieren. Zurzeit werden vor Ort schon 55 Prozent aller gesamten Abfälle recycelt oder wiederverwendet.

Wir sind schuld!

Fazit: Derzeit verursachen die reichsten Länder der Welt den meisten Müll. Dazu gehört Deutschland. Ist ja irgendwie auch logisch – je mehr Geld verdient wird, desto mehr wird gekauft und desto weniger Gedanken werden sich über das erworbene Produkt gemacht. Das Geld ist ja schließlich da. So landen kaputte Haushaltsgeräte, Handys und schwer recyclebares im Müll – alles was für uns eben selbstverständlich, aber eigentlich ziemlicher Luxus ist. Es geht aber nicht nur um die Menge an Abfall, sondern auch darum, was wir wegwerfen. Spezialmüll zum Beispiel muss richtig getrennt werden. Eine kleine gute Nachricht gibt es jedoch: Laut Prognosen des Teams um Hoornweg soll der tägliche Ausstoß ab 2050 langsam sinken. Doch auch hier hängt die Zukunft unserer Erde viel am afrikanischen Kontinent ab: Das dort steigende Bevölkerungswachstum ist mit entscheidend dafür, wie hoch und wann der Gipfel der weltweiten Müllerzeugung ausfallen wird.

Mehr Infos über Too Good To Go:


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