Identität Scheitern Generation Y

Zukunftsangst: Was mache ich eigentlich hier?

Von Anna Fiedler 

 

Wer unserer Generation angehört, der nett geschimpften Generation Y, der hat es trotz ach so großer Freiheiten nicht immer leicht. Wir, das sind die jungen, dynamischen Menschen, die immer höher, weiter und besser sein müssen. Wir haben alle tolle Abschlüsse und tolle Möglichkeiten und wollen nach den Sternen greifen. Wir wollen angeblich nicht erst nach der Arbeit Spaß haben, sondern schon währenddessen. Weil wir Sinn wollen. Nicht nur in unserer Freizeit, auch im Job.

Die Realität sieht leider ganz anders aus. Natürlich haben wir die Wahl. Aber irgendwie mag sie keiner so wirklich annehmen. Irgendwie gucken wir am Ende doch nur auf unser Konto und sind extrem froh, dass wir Krankenkasse und Versicherung abgedeckt haben. Irgendwie haben wir keinen tollen, erfüllenden Job, aber immerhin dürfen wir wie die Sklaven arbeiten, um unser Leben finanzieren zu können. Irgendwie wollen wir lieber Sicherheit statt Freiheit. Und deswegen arbeiten wir auch lieber bis in die Nacht und bauen große, schiefe Türme aus nicht bezahlten Überstunden. Weil Sicherheit. Die ist eben bequem. Und sie ist manchmal auch eine Art von Freiheit. Für unsere Generation jedenfalls.

 

Die unerträgliche Schnelligkeit des Seins

 

Edition F spricht von der unerträglichen Schnelligkeit des Seins. Wir müssen ständig erreichbar sein und immer unterwegs, immer auf Trapp. Im Allgemeinen gilt in deutschen Büros: Nur wer Stress hat, der ist fleißig. Denn wer sich Pausen gönnt ist faul und hat keinen Bock auf irgendwas. Klar. Wie sollte es denn auch anders sein. Nur ein fleißiger Deutscher ist ein guter Deutscher. Dass das in den letzten Jahren zu immer mehr Ausfällen und Burnouts bei größtenteils Menschen unter 30 führte, scheint niemanden groß zu interessieren.

Ariana Huffington, die Mitbegründerin der Huffington Post, sagt selbst, dass unsere Schwachstelle die Annahme sei, dass Überarbeitung zu Spitzenleistungen führen.

Und trotzdem machen wir all das mit. Wir, die ach so frei sind und genauso ungebunden. Wir, die niemand aufhalten kann. Wir, die alles machen können. Wenn wir nur wollen. Ja, wenn wir nur wollen und wenn unser Kontostand stimmt und wenn die Krankenkasse bezahlt ist und wenn der Vermieter unser Geld hat und wenn wir genug in die Rentenkasse zahlen und wenn wir unseren Luxuskaffee kaufen konnten und wenn wir auf jeden Fall auch versichert sind. Dann sind wir frei.

 

Generation Nein

 

Nachdem ich mich beinahe um den Verstand arbeitete und jeden Abend im Büro verbrachte, gerne auch mal sonntags auf dem Drehstuhl die Schreibschubse mimte, wurde mir klar, dass es so nicht geht. Meine Mundwinkel waren drei Stockwerke tiefer gezogen, ich war dauergestresst. Ich konnte es gefühlt niemandem recht machen, schon gar nicht mir selbst.

Ich war der festen Überzeugung, ich sei einfach in einer weinerlichen Phase und dachte dabei an unsere Eltern. Die haben sich früher nämlich bestimmt nie so angestellt, die haben einfach weitergemacht. Den Kreis aus Arbeit, zu wenig Schlaf, Selbstkritik, Arbeit, keiner Freizeit und Arbeit konnte ich nicht so recht verlassen. Leidenschaft und Spaß existierten nicht mehr in meinem Alltag. Bis ich irgendwann zum Glück sehr stark gegen die Wand lief und wieder zu mir kommen konnte. Im übertragenden Sinne natürlich. Immerhin konnte ich danach wieder klar sehen. Der einzige Weg aus dieser Ich-Misere war eine Kündigung. Ansonsten hätte man mich sicher einen Monat später mit Nervenzusammenbruch in der Klinik besuchen können.

 

Der Ausbruch aus dem eigenen Hamsterrad

 

Die Kündigung war die beste Entscheidung, die ich hätte treffen können. Seit einer Woche arbeite ich nicht mehr in meinem eigenen Hamsterrad. Einfach ist es nicht und man legt sich tatsächlich erstmal ordentlich auf die Schnauze, wenn man nicht mehr diese Sicherheitsgurte trägt, die einem Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Und wie die Krankenkasse bezahlt wird, muss ich mir auch noch überlegen. Dafür kann ich jetzt grade in diesem Moment aber atmen. Und die Zeit, die ich jetzt habe, genießen. Alles andere ergibt sich von alleine, wenn man das, was man macht, mit richtig viel Freude macht.

Vielleicht müssen wir statt Generation Why auch mal Generation Nein sein.

Und vielleicht müssen wir uns öfter mal erlauben, scheitern zu dürfen.

Und vielleicht muss unsere Generation gar nicht so viel Angst haben.

Unsere Generation muss einfach mal machen.

Und zwar worauf sie Bock hat.

 

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