Fiva IV Zeitjung

Zum Heiland mit Fiva: „Wir waren nie auf Platz Eins und ich werde nie Popstar werden“

Rapperin, Slammerin, Moderatorin, Autorin und Mitgründerin des Labels „Kopfhörer Recordings“ : Fiva alias Nina Sonnenberg ist ein absolutes Multitalent in der deutschen Musikszene. Bekannt wurde sie vor allem durch ihre ersten Singles als Fiva MC gemeinsam mit ihrem alten Freund DJ Radrum. Mit Big Band-Projekt – in dem auch DJ Radrum vertreten ist – und ohne MC, aber immer noch als Fiva, steht die Rapperin nun mit ihrem sechsten Album „Keine Angst vor Legenden“ in den Startlöchern. Das Album erscheint am 07. Oktober und ist eine Mischung aus alten und neuen Songs, die im Gesamtwerk einfach „Fiva in Person“ bilden, wie sie uns im folgenden Interview erklärt. Ihre Fans kriegen dabei nicht nur wilde Rapkünste auf die Ohren, sondern auch ganz besondere Klänge, denn Fiva hat sich die Jazzrausch Bigband (JRBB) zur Produktion ihres neuen Albums mit ins Boot geholt. Nina hat uns gemeinsam mit Roman von JRBB in der Schreinerei besucht, um ein bisschen mit uns zu schnacken. 

 

Die Zwei betreten gut gelaunt unseren Innenhof und winken uns schon aus der Ferne zu. Ihre gute Laune steckt an und schnell wird klar, dass wir mit diesen beiden definitiv einen sehr angenehmen und lustigen Nachmittag verbringen werden. Nach großer Begeisterung für unser schönes Fläschchen Heiland plaudern wir nun bei einem warmen Tässchen Ingwertee und einer großen Schale Snacks über Gott, die Welt, Jazz und Rap

ZEITjUNG: Du bist ja ziemlich eingespannt als Autorin, Moderatorin, Slammerin, Rapperin und Mitgründerin von „Kopfhörer Recordings“. Abgefahrener Werdegang, erzähl uns mehr davon! 

Nina: Geplant war das so natürlich nicht. Ich habe brav mein Abi und anschließend eine Ausbildung gemacht, aber ich hab schon immer viel geschrieben und gelesen. Also, ich war wahnsinnig cool damals und habe eine Party nach der anderen versäumt. Ich bin ja gerade in einer Zeit aufgewachsen, als Deutschrap einfach absolut im Kommen war und alle in meiner Gegend haben gerappt. Ich weiß noch ganz genau, wie sich alle am Bolzplatz getroffen haben und die, die ’ne 80er hatten, haben dann ihr Licht als Scheinwerferlicht benutzt und losgerappt. Ich wollte das auch unbedingt machen. Danach hab‘ ich nach und nach angefangen zu rappen und das lief von Anfang an überraschenderweise stabil gut. Ich bin zwar kein Popstar, aber ich bin immer schon ziemlich eingespannt gewesen, zuerst in der Szene und danach dann mit dem Slam. Dann habe ich einen Slam-Auftritt für 3sat gemacht und die haben mich dann da abgeholt. Also, ich glaube definitiv nicht an Glück, weil man schon was tun muss, damit einen die Leute abholen. So wie der Roman, der spielt ja in der Jazz Rausch Big Band Posaune und er spielt ja auch nicht nur Jazz, sondern entwickelt sich immer weiter. Das war so besonders an der Zusammenarbeit, weil die JRBB eben auch so viel Verschiedenes macht. Das sind keine Leute, die nur Jazz spielen oder nur im großen Orchester am Theater, sondern auch gesagt haben „Hey wir können eine Sache und die wollen wir jetzt auf jede Art ausleben“. Das verbindet uns auch irgendwie glaube ich.

Früher wolltest du Tänzerin werden, heute machst du Rap und Slam. Dein Leben ist also definitiv sehr musikalisch geprägt. Was bedeutet Musik für dich? 

Musik kann nie langweilig werden. Die Musik hört nie auf, sich weiterzuentwickeln und ist ein ständiger Motor und sie ist auch mein ständiger Motor. Das geht schon bei ganz alltäglichen Dingen los, wenn ich aufstehen muss und nicht aufstehen will, dann leg ich einfach eine Platte auf. Ich weiß inzwischen ganz genau, was ich auflegen muss, damit ich es schaffe, irgendwie rauszukommen. Oder wenn ich die U-Bahn noch erwischen muss und dann durch den Regen renne, leg ich mir einfach einen Song auf’s Handy und dann denk ich mir „Los! Attacke, renn!“. Musik ist einfach verlässlich und irgendwie ist das meine Konstante im Leben. Wenn etwas nie aufhört, dann ist es die Musik. Ouh, das ist glaube ich ein Zitat von einer Band, aber ich habe es zuerst gesagt! Das war von Madsen, nä? Ich find‘ Madsen toll! Wollte ich immer schon mal im Interview sagen.

Roman, du nickst die ganze Zeit. Siehste auch so wie Nina, oder?

Roman: Absolut!

Nina: Der Typ macht die Musik ja auch noch selbst, das ist ja das Geile! Ich kann zum Beispiel gar kein Instrument spielen!

 

Ihr seid beide in Bayern groß geworden, wie sieht’s aus mit den bayerischen Dialekt-Künsten? 

Nina: Absolut keine Chance! Mein Papa kommt aber auch aus der Nähe von Berlin und meine Mama aus der Nähe von Landsberg, also die kann schon bayrisch, aber an sich war das bei uns zuhause immer sehr preußisch – hochdeutsch. Roman spricht richtig bayrisch!

Roman: Ja, aber ich komme auch aus Niederbayern, das ist natürlich nochmal eine ganz andere Ecke!

Nina: Sobald ich aber im Norden unterwegs bin, sagen die Leute häufig, dass man eine sehr süddeutsche Sprachfärbung heraushört. Da komme ich mir immer sehr cool vor.

Roman: Das stimmt! Das liegt aber wahrscheinlich nicht nur am Dialekt, sondern auch einfach an dem Wortschatz, den man zum Teil sehr schnell übernimmt. Meine Eltern kommen aus Wien und ich bin in Niederbayern aufgewachsen. Oft haben mich Leute angesprochen und gefragt, ob ich aus Wien komme, einfach nur weil ich häufig von meinen Eltern verschiedene Wörter übernehme.

Nina: Das stimmt! Ich sag‘ selbstverständlich auch andauernd nur Weißwurscht, Weißwurscht, Weißwurscht und Dirndl, Schnaps und Weißbier. (lacht) 

Es geht uns hier eigentlich auch nur um Lederhosen, Dirndl und Bier.

Nina: Ja das glaube ich euch sofort! Bier, Schnaps und Angermaier.

Zurück zur Musik. Leider kriegt man ja von Rapperinnen sehr wenig mit. Du zeigst mit deiner Musik, dass auch Frauen rappen können. Wieso gibt es davon so wenige? Meinst du Frauen haben Angst, sich den Männern im Rap gegenüber zu stellen?

Nina: Ich mach‘ das jetzt 17 Jahre und ich frage mich das selbst noch. Wahrscheinlich kann man das erstmal auf der Metaebene gesellschaftlich sehen, dass meistens in den Führungs-Rampensau-Positionen einfach weniger Frauen sind, das ändert sich zum Glück gerade kolossal in ganz vielen Bereichen, aber natürlich hat man das auch in der Musik. Ich könnte heulen, wenn ich mir so manche Musikfestivals anschaue. Ich habe da letztens eine Reportage gesehen, da haben die bei einem Festival einfach mal alle Bandnamen auf Plakaten ausgeblendet, wo keine Frau drauf zu sehen ist und es sind nur drei Bands übrig geblieben, das ist wirklich traurig. Ich glaube, im Rap wird sich das deswegen ändern – zumindest ist das meine große Hoffnung – weil Rap sich so aufgespalten hat. Es gibt ganz harten Gangster-Rap, es gibt ganz harten sexistischen Rap – da wüsste ich auch nicht, was ich da machen soll im Backstage-Raum mit solchen Typen. Ich finde das nicht einmal schlimm, es ist nur so gar nicht meine Welt. Das ist so grob absurd. Es gab ganz lange wenige Role Models für Frauen, wo man sich gedacht hat „Hey, das könnte ich auch machen“. Ich glaube und merke, dass sich da ganz viel ändert. Am Können kann es definitiv nicht liegen, weil es ist ja kein Hochleistungssport wie Gewichtheben. Ich würde mir auf alle Fälle – nicht nur im Rap – wünschen, dass man einfach viel mehr Bands mit Frauen sieht. Da müssen aber die Frauen auch selbst was tun!