Julie Fischer IV

#nohairdontcare: „Es geht eben auch ohne Haare.“

Vor vier Jahren bekam die heute 19 jährige Julie aus Halle eine Diagnose, die ihr Leben veränderte. Die Ärzte stellten bei ihr Alopecia Areata (Kreisrunder Haarausfall) fest. Innerhalb kurzer Zeit verlor Julie im jugendlichen Alter von 15 Jahren all ihre Haare und ist kurzzeitig in ein Loch von Traurigkeit gefallen, aus dem ihre Familie, Freunde und ihr Wunsch nach Fröhlichkeit sie wieder herausgezogen haben. Heute hat das Mädchen ihren Mut und ihr Selbstbewusstsein zurück. Sie modelt und bloggt erfolgreich auf ihrem Instagram-Kanal. Mit ihren Account julie_12.03 möchte sie auf ihre Krankheit aufmerksam machen, anderen Frauen ihr Selbstbewusstsein wieder zurück geben und zeigen, dass natürliche Schönheit schlicht und ergreifend keine Haare braucht.

 

Wir wollten mehr über das Leben der angehenden Lehramtsstudentin, ihre Besonderheit und ihre Einschätzung gegenüber der Social-Media affinen Generation-Y wissen und haben sie zum Interview eingeladen. Wir genießen einen netten Talk mit ihr, der uns danach irgendwie anders auf alle „Beauty Blogger of Instagram“ blicken lässt. 

 

ZEITjUNG: Erzähl mal, wie sieht dein gerade Leben aus? Du hast letztes Jahr dein Abi geschrieben, wie sehen deine weiteren Pläne aus?

Julie: Genau, ich habe 2015 mein Abitur gemacht und hab von September bis August ein FSJ an der Montessori Schule in Halle gemacht. Jetzt im Oktober fange ich in Halle an, Förderschullehramt zu studieren und hab richtig Bock das zu machen!

 

Vor 4 Jahren hast du erfahren, dass du kreisrunden Haarausfall hast. Du warst 15 Jahre alt, als du die Diagnose „Alopecia Areata“ bekommen hast. Heute bezeichnest du es gerne als „Besonderheit“. Wie bist du zur damaligen Zeit damit umgegangen?

Es war anfangs sehr hart für mich. Gerade in diesem Alter definiert man sich ja doch noch sehr über sein Äußeres und will schön aussehen. Es war wie ein Schlag ins Gesicht, als dann die Haare Stück für Stück ausgegangen sind. Sie sind nicht alle auf einmal ausgegangen, sondern mehr so schleichend über einen gewissen Zeitraum. Das Ganze ging im September los und im November musste ich dann schon mit Perücke herumlaufen. Dafür habe ich mich dann aber freiwillig entschieden, weil es einfach nicht mehr schön aussah und überall kahle Stellen zu sehen waren. Das war wirklich die härteste Zeit meines bisherigen Lebens und ich hatte anfangs auch große Probleme damit, das zu akzeptieren. Ich habe dann eine Psychologin besucht, die mir geholfen hat, damit umzugehen und meine Familie stand ja auch kräftig hinter mir. Akzeptiert habe ich es zwar bis heute noch nicht, aber es ist in Ordnung so wie es ist und ich habe meinen Frieden damit gefunden. Natürlich ist immer noch so ein Funke Hoffnung da, dass die Haare eines Tages wieder kommen, wenn es aber nicht so sein sollte ist es auch okay. Ich habe inzwischen gelernt, trotzdem ein glückliches Leben damit zu führen.

Das alles ist zwischen September und November passiert – das sind ja nur zwei Monate, ziemlich kurze Zeit eigentlich?

Ja, also es hat zwei Monate gedauert, bis ich tatsächlich nicht mehr ohne Perücke aus dem Haus gehen wollte. Ich hatte zwar noch Haare, die hatte ich sogar bis 2014 noch, das waren dann aber nur noch kleine Stoppeln. Ende 2014 sind dann die kompletten Haare flöten gegangen, inklusive Wimpern und Augenbrauen. Die sind zum Glück wieder da, weil ich ein Serum gefunden habe, dass mir geholfen hat.

An welchem Punkt in deinem Leben hast du festgestellt, dass du es jetzt einfach akzeptieren und die Situation so hinnehmen musst, wie sie ist? 

Na ja, nach so einer Diagnose hat man zwei Optionen: Entweder man bleibt in diesem Loch und schiebt die ganze Zeit Depri oder man kämpft sich zurück ins Leben und versucht einfach glücklich zu sein. Meine Familie und Freunde haben mir da sehr geholfen. Als ich dann eine Zeit lang nur noch mit Perücke draußen war, kam irgendwann der Punkt, wo es mich einfach nur noch genervt hat. Diese Perücke war unendlich lästig, schwer, warm und unpraktisch. Ich habe mich ständig verkleidet gefühlt und es war einfach nur noch ätzend und irgendwann habe ich dann einen Schlussstrich gezogen. Danach bin ich meistens mit Mütze oder mit Tuch rausgegangen, das mache ich auch heute noch so und fühle mich damit auf alle Fälle viel wohler. Durch die Shootings habe ich natürlich auch wieder viel von meinem Selbstbewusstsein zurückerlangt und dann habe ich auch sehr schnell bemerkt, dass es eben auch ohne Haare geht. Man kann auch ohne Haare schön aussehen und sich wohl fühlen.