Metronomy Interview

Metronomy: „So gut wie heute war es noch nie!“

Von Flora Fährmann

Joseph Mount ist der Frontsänger der britischen Band Metronomy, die er 1999 als 16-Jähriger gründete. Außerdem ist er der kreative Kopf der Gruppe und für Songwriting, Gesang, Klavier und Keyboard zuständig. Mit mittlerweile vier veröffentlichten Alben gehören sie schon lange nicht mehr zu den Geheimtipps der Indieszene, sondern haben längst Kultstatus erreicht. Mit ihrem neuen Album „Summer 08“ ist ihnen wieder die perfekte Mischung aus tanzbarem Elektropop und tiefsinnigen Songs gelungen.

Natürlich bin ich etwas aufgeregt, bevor ich Joseph Mount treffe, immerhin bin ich schon seit Jahren ein Fan der Gruppe und rühme mich wohl wie so viele andere Metronomy-Jünger auch, schon ein Fan der ersten Stunde gewesen zu sein. Da ist es dann wohl auch klar, dass ich auf dem Weg zu meinem Interview in den schlimmsten Platzregen gerate, den Berlin dieses Jahr gesehen hat. Wie ein begossener Pudel komme ich in der Agentur an und nebst mitleidigen Blicken, weil mein Make-Up aussieht, als hätte gerade mein Freund mit mir Schluss gemacht, bekomme ich freundlicherweise Handtücher gereicht. Als ich den Raum betrete, entlockt meine Erscheinung Joseph ein Grinsen und er bemerkt lachend, dass es ja scheinbar regnet. Ich begrüße ihn mit einem tatsächlich feuchten Händedruck und mache es mir auf meinen Handtüchern bequem.

Joseph: Sorry, aber du siehst echt ein wenig mitgenommen aus. Aber mach dir nichts daraus, ich bin auch ziemlich kaputt von gestern. Ich bin von einem Filmteam begleitet worden. „Eine Nacht in Berlin“…aber eigentlich war ich nicht so wirklich in Partystimmung. Es war aber trotzdem ganz witzig. Ich war ja schon öfter in Berlin. Die hätten es, glaube, ganz gerne gehabt, wenn ich zum Beispiel ins Berghain gegangen wäre, aber das war mir dann echt zu anstrengend.

ZEITjUNG: Na, das hört sich ja ziemlich stressig an, sogar beim Trinken gefilmt zu werden..?

Naja, mit dem neuen Album haben wir jetzt einiges zu tun und dafür bezahlt zu werden, ein wenig Feiern zu gehen, ist ja auch ganz okay. Aber wenn man erst mal Kinder hat, merkt man, dass eigentlich keine Freizeit mehr übrig bleibt. Da ist es dann auch schön, ein wenig „Me-Time“ im Studio zu haben und sich komplett auf den Schaffensprozess zu konzentrieren. Jeder Moment im Studio ist wertvoll für mich und hat mir unendlich viel Freude bereitet. Bersteh mich jetzt nicht falsch, ich liebe es, auf Tour zu sein und meine Bandkollegen sind die besten – aber manchmal wünsche ich mir, richtig viel Zeit zum Songschreiben zu haben. Ich liebe es, ein Album in Arbeit zu haben – in mir gibt es noch so viele Ideen, die ich zu Papier bringen muss.

Du hast es geschafft, Pop zu produzieren, der eingängig, aber trotzdem nicht flach ist. Wie ist es dir gelungen, diese Balance herzustellen?

Ich habe nicht den Anspruch, möglichst künstlerische Lieder zu erschaffen. Genau darin liegt auch meine Stärke. Es ist nicht immer wichtig, sich zuerst den künstlerischen Anspruch zu stellen und anschließend auf dieser Basis zu komponieren. Man sollte einfach drauf losschreiben. Pop muss eingängig sein und die Leute mitreißen und dir nicht aus dem Kopf gehen, selbst wenn es dich nervt. Kannst du dich noch erinnern an Shania Twains That don’t impress me much?

Oh ja, ich hatte wochenlang einen Ohrwurm davon und kann mich sogar an das Video erinnern.

Siehst du! Genau das meine ich. Selbst wenn du nicht gerade ein Fan von Shania Twain warst, wirst du dich trotzdem dein Leben lang an diesen Song erinnern und vielleicht auch an dein Leben damals. Das ist, was mich immer an Popmusik fasziniert und begeistert hat. Egal, ob du willst oder nicht: Du entkommst der Musik nicht.

Pop der 90er und 00er Jahre als Inspiration für das neue Album ?

Auf jeden Fall! Die Menschen in den 80ern dachten sich damals auch nicht, dass ihr Jahrzehnt im Nachhinein so kultig werden würde – und here we go. Es geht darum, etwas im Radio zu hören und es immer wieder mitzusingen und dir damit einen richtig schweren Ohrwurm einzuhandeln.

„Summer 2008“ ist der Titel eures neuen Albums – warum gerade dieser Sommer?

Für uns ist das Jahr 2008 ein ganz besonderes gewesen. Metronomy ist total durch die Decke gegangen und wir waren das erste Mal auf großer Tour. Es war der Beginn einer neuen Ära. Du arbeitest deine gesamte Jugend darauf hin, mit deiner Band etwas einzigartiges zu erschaffen – und auf einmal ist der Moment da und es erscheint dir absolut surreal. Es war einfach eine der besten Zeiten meines Lebens: Wir haben so viele tolle Menschen kennengelernt, neue Städte und Länder gesehen und dabei getan, was wir lieben.

Also ein nostalgischer Rückblick?

Nein, das nicht, da ich mich wirklich nicht als Nostalgiker bezeichnen würde, sondern als jemanden, der gerne zurückblickt und sich erinnert, manchmal nostalgische Anwandlungen hat. Aber nicht, weil alles besser war. So gut wie jetzt war es noch nie! (lacht). Es passiert einfach so viel in unserem Leben, dass ich alles gerne Revue passieren lasse.

Metronomy ist ja auch ansonsten ein wenig „retro“ angehaucht. Sowohl die Optik eurer Videos, als auch der elektronische Sound. Ìhr nehmt eure Alben sogar in einem Analogstudio auf. Wie verändert das eure Musik?

Das hat sich so ergeben. Ich mache auch echt gerne Musik am Computer, aber manchmal fühl es sich für mich fast an wie cheating, weil es eben so viel einfacher ist, einen brillianten Sound zu erzeugen.

Du hast einmal in einem Interview erwähnt, dass die Zeit der Musikvideos vorbei ist, aber trotzdem produziert ihr immer extrem schöne und aufwändige Musikvideos für eure Songs.

Ich hab selbst immer gerne Musikvideos geschaut und war ein großer Fan von Bands, die Geschichten in ihren Videos erzählt haben. Leider lässt sich das heutzutage nicht mehr so einfach von den Albumverkäufen finanzieren. Um ein aufwändigeres Video drehen zu können, muss man sich Sponsoren suchen, was ja nicht verwerflich ist. Aber dessen muss man sich als Band eben bewusst sein. Wir hatten aber auch immer Glück, weil großartige Regisseure mit uns gearbeitet haben. Das Internet ist Fluch und Segen zugleich. Früher hat man sich noch gefreut, wenn ein bestimmtes Video im Fernsehen gelaufen ist und man musste dann schnell zum TV sprinten, um das Video aufzunehmen. Dieser Enthusiasmus für Pop fehlt heutzutage leider.

 

 

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Bildquelle: Drew de F Fawkes unter CC BY 2.0