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Schweden liebt Vintage – und senkt Steuern aufs Reparieren!

Bald ist Weihnachten. Es wird gekauft, was das Zeug hält. Meist zu viel oder das falsche, dann eingepackt, ausgepackt, umgetauscht, benutzt und weggeworfen. So läuft das. Doch selbst zu Nicht-Feiertagen gehen die Deutschen gern shoppen – und es wird lieber gekauft, statt mit etwas Aufwand alte Dinge zu reparieren.

Gerade Elektroartikel landen dann liebend gern auf dem Müll, wenn die neue Generation des Smartphones endlich erschienen ist. Die scheint ja schließlich mehr zu können. Und so vergammeln Handys, Tablets oder Laptops gern mal in der nächsten Schublade, wenn sie nicht mehr so funktionieren, wie wir uns das vorstellen oder schlichtweg etwas besseres auf dem Markt ist. Sinnvoll wäre hierbei, die ausgediente Technik bei Ebay, auf dem Flohmarkt um die Ecke oder beim besten Freund zu verhökern – doch trotzdem werden in Deutschland jedes Jahr Unmengen an guter Kleidung, Elektroartikeln und sogar Fahrrädern weggeworfen.

Laut einer Umfrage von Greenpeace, zu der im September 2015 mehr als tausend Menschen zwischen 16 und 69 Jahren befragt wurden, haben 83 Prozent der Befragten noch nie Kleidung getauscht. Mehr als die Hälfte hat noch nie welche verkauft und war auch noch nie beim Schuster, so spiegel.de.

 

Wie sollen wir unseren Kindern denn noch beibringen, dass eine Jeans was wert ist?

 

Diese Wegwerfmentalität will Schweden nun endlich unterbinden. Wie immer sind die Skandinavier mit neuen, positiven Ideen ganz vorn – beispielsweise mit gestärkter Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern oder Förderung kleiner und junger Unternehmen. Die nächste große Innovation landet Stockholm mit einem aktuellen Gesetzesentwurf. So soll die Mehrwertsteuer auf Reparaturen von Kleidung von 25 auf 12 Prozent gesenkt werden. Dadurch will das Verbraucherministerium das Konsumverhalten der Schweden langfristig verändern. Laut onetz.de sollen Anfang 2017 erste Maßnahmen in Kraft treten – vorausgesetzt, das Parlament gibt vorher seine Zustimmung. Dadurch ergibt sich zwar ein Steuerverlust von bis zu 67 Millionen Euro – derzeit hat Schweden aber einen Überschuss an Staatseinnnahmen von 770 Millionen Euro. Nimm das, Deutschland!

Der Wille, nachhaltig zu leben, ist sicherlich da – man weiß nur nicht, wie er umgesetzt werden soll. Reparaturen sind nun mal out, falls junge Menschen von Zuhause überhaupt noch beigebracht bekommen haben, wie das Heizungsentlüften genau funktioniert. Der Neukauf ist weniger zeitaufwendig und sowieso sehr billig. Um dem entgegenzuwirken, soll in Schweden bald weniger für den Handwerker gezahlt werden, der sich um Kühlschrank, Fernseher, Waschmaschine und Co. kümmert. Die Reparatur von Haushaltsgeräten soll zudem von der Einkommenssteuer absetzbar sein und der Verkauf von Gebrauchtem unterstützt werden. Vielleicht verbessert das ja auch den weit verbreiteten Glauben, bereits benutztes sei „schlechter“ als neue Produkte.

 

Gute Idee – aber umsetzbar?

 

Trotz einer tollen Innovation kommen einige weitere Fragen auf, wie die geplante Neuerung realisiert werden soll. So ist zum Beispiel nicht klar, ob es wirklich sinnvoll ist, sehr alte Elektrogeräte aufgrund des hohen Stromverbrauchs noch zu reparieren oder doch neu zu kaufen. Ist dies immer die bessere Alternative zum Neukauf? Wie sollte mit oft überteuerten Ersatzteilen umgegangen werden? Werden durch billigere Stundensätze bei Reparaturarbeiten in den handwerklichen, schwer körperlichen Tätigkeiten noch weniger verdient, als es jetzt schon der Fall ist? Oder wird der Staat zahlen? Werden auch die Bürger, die sehr gut verdienen, miteinbezogen? Und werden die Schweden letztendlich so wirklich weniger neues kaufen?

Wie es in der Heimat von Ikea, Elchen und einer für uns zuckersüßen Sprache weitergeht, ist noch ungewiss – trotzdem ist wohl absolut klar, dass wir uns für Deutschland noch so einiges abschauen können.

 

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Bildquelle: Pexels unter cc0 Lizenz