selbstversuch ein tag ohne wasser

Selbstversuch: Ein Tag ohne Wasser

Von Carolin Hoffmann

Was würdest du auf jeden Fall auf eine einsame Insel mitnehmen? Gib es zu! Wahrscheinlich ist dir als erstes dein Smartphone in den Kopf gekommen. Schließlich haben die meisten von uns das Gefühl, dass sie ohne den Kasten unmöglich länger als drei Tage überleben können. Was wir scheinbar im Überfluss haben, wissen wir aber oft gar nicht richtig zu schätzen. Wasser zum Beispiel – eines der elementarsten Güter. Laut Bundesamt der Energie- und Wasserwirtschaft verbraucht jeder Deutsche durchschnittlich 122 Liter am Tag! Was würden wir also an einem normalen Tag ganz ohne den Rohstoff aus der Leitung machen?

Der mentale Selbstversuch kann beginnen

Stellen wir uns als Beispiel einen beliebigen Tag im Leben eines Studenten vor: Die Kneipentour vom letzten Abend nur noch in Ausschnitten im Kopf, wandert der erste Blick nach dem Aufwachen auf das viel zu helle Handydisplay: 8.30 Uhr. Shit! Vorlesung um 9.00 Uhr. Same shit, different day. Dann muss die morgendliche Dusche wohl etwas kürzer ausfallen. Aber halt! Da war ja was… Kein Wasser für heute. Normalerweise fließen bei einer zehnminütigen Dusche übrigens rund 125 Liter in den Abfluss. Heute muss Deo reichen. Und die Hoffnung, dass die Kommilitonen nicht so genau hin riechen. Sparen wir es uns einfach, genauer darauf einzugehen, was das fehlende Wasser für die Toiletten bedeutet… Nur so viel: Rund 13 Liter Wasser braucht ein durchschnittlicher Spülkasten pro Spülung. Auch das Händewaschen nach dem Klo-Gang ist nicht ohne. Dabei gehen bis zu zwei Liter drauf.

Nach der mehr oder weniger gründlichen Morgenhygiene ist es höchste Zeit, richtig wach zu werden. Da ist ein starker Kaffee doch genau das richtige. Schnell den Kaffeefilter füllen, die Zeit ist schließlich knapp. Doch spätestens der erste Blick auf die Kaffeemaschine bringt die nächste Ernüchterung. Der Wassertank ist leer. Aus der Traum vom schnellen Wachmacher. Ob es hilft, das Kaffeepulver einfach pur zu essen? Egal! Zehn vor neun, keine Zeit mehr für Experimente. Schnell noch eine Kleinigkeit zu Essen einpacken, um die Vorlesung zu überstehen.

Virtuelles Wasser – Wir verbrauchen mehr, als wir denken

Zum Glück ist noch eine Banane da. Ein perfekter Snack für zwischendurch. Worüber sich die wenigsten Gedanken machen: Auch hinter Lebensmitteln steckt teilweise ein überraschend hoher Wasserverbrauch. Wir verbrauchen mit anderen Worten große Mengen an virtuellem Wasser. Unter waterfootprint.org kann man in einer Produktgalerie nachlesen, wie viel Wasser man für die Herstellung verschiedener Lebensmittel benötigt. Natürlich können die Zahlen je nach Herstellungsart und Herkunft stark variieren. Deshalb stehen dort Durchschnittswerte.

160 Liter für eine Banane? Ganz schön viel. Noch den Kaffee von vorhin im Kopf? Für eine Tasse gehen in der Herstellung ungefähr 132 Liter Wasser drauf. Am höchsten ist der virtuelle Wasserverbrauch jedoch bei Fleisch. Da kann ein Grillabend bei Freunden die persönliche Verbrauchsbilanz ganz schön nach oben treiben. Für ein durchschnittliches Rindersteak muss man mit rund 3.000 Litern Wasser rechnen. Eine Flasche Bier dazu? Gut, dann rechnen wir nochmal 148 Liter dazu. Und plötzlich sieht unser Student auch die gestrige Kneipentour in einem völlig neuen Licht.

Der Mensch als Wasserschleuder

Das mit den 122 Litern, die jeder von uns täglich im Schnitt verbraucht, stimmt dann auch nicht mehr so ganz. Zusammen mit dem virtuellen Wasser kommt ein Pro-Kopf-Verbrauch von 5.000-6.000 Litern zusammen. Jeden Tag. Unser Student hat seinen Tag bis jetzt trotz einiger Startschwierigkeiten relativ gut überstanden. Zu Hause wartet allerdings die nächste unangenehme Überraschung auf ihn. Die sauberen Klamotten sind ausgegangen und die Waschmaschine natürlich unbenutzbar. Apropos Klamotten. Das nächste Fass ohne Boden: rund 2.500 Liter müssen beispielsweise für die Herstellung eines T-Shirts herhalten.

Wir halten fest: Hinter allem, was wir essen, tun, oder benutzen, steckt ein mitunter riesengroßer Wasserverbrauch. Das Gerät, auf dem du diesen Text gerade liest, ist keine Ausnahme. Vielleicht sollten wir lernen, auch das mehr schätzen zu wissen, was wir augenscheinlich im Überfluss haben.

Ungeduscht und stinkend, mit Bergen dreckiger Wäsche und ungespültem Geschirr im Hinterkopf, fällt unser Student erschöpft ins Bett. Wieder was gelernt.