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Eine Liebeserklärung an: Die Uni-Bibliothek

Es sind die kleinen Dinge, die uns unseren tristen Alltag versüßen und das Leben ein bisschen besser machen. Ob es hübsche Gänseblümchen sind, die am Straßenrand wachsen oder eine Kugel deiner liebsten Eissorte – wir alle haben kleine Muntermacher in unserem Alltag, über die wir nur selten ein Wort verlieren. Das soll sich jetzt ändern! Wir bieten euch eine Liebeserklärung an die kleinen Dinge, die uns in stressigen Situationen retten, an schleppenden Tagen motivieren oder uns die guten Tage versüßen!

Eine Liebeserklärung von Laura Maria Drzymalla

 

Liebe Uni-Bibliothek,

eigentlich hasse ich dich. Du elendes Scheusal! Seit Wochen hängst du mir am Rockzipfel und ich muss dich jeden Tag besuchen wie einen ungeliebten Verwandten im Krankenhaus, der mir Ende des Tages nur ein schlechtes Gewissen macht, dass ich nicht öfter da war. Müde schleppe ich meine Bücher mit beeindruckenden Titeln immer und immer wieder zu dir, nur um sie wie einen schiefen Turm der Weisheit neben meinem Laptop zu stapeln und mich dann von ihm verhöhnen zu lassen.

Aber da es nun einmal so ist wie es ist, will ich nicht nur meckern. Denn du bist zwar irgendwie architectura non grata – aber trotzdem bist du jedes einzelne Mal für mich da.

 

Du kennst mich und meine schlimmsten Seiten

 

Du hast mich schon zu meinen schlimmsten Zeiten gesehen: ungewaschen, ungeschminkt, hungrig, weinend, mies gelaunt und bis ins Tiefste verzweifelt. Im Jogger, ohne BH und sogar einmal in meiner kuscheligen Decke, die ich mir von Zuhause mitgebracht habe, weil es so gestürmt hat. Ich bin mehr bei dir als bei meinen Mitbewohnern, die mir panisch nach zehn Stunden Abwesenheit in die Whatsapp-Gruppe schreiben: „Bist du noch am Leeeeeben? Geht´s dir gut?“

 

30 Momente, die du in der Uni erlebt haben solltest

 

Ja, mir geht es gut. Also wenn „gut“ hier das Wort für die Ambivalenz von Hass und Dankbarkeit ist. Und ich bin trotz meiner Verachtung echt für vieles dankbar, liebe Uni-Bibliothek. Du nimmst uns floddrigen Gestalten zwar Tageslicht, aber gibst uns im Ausgleich unzählbare Strecken zu laufen – vom Spind zum Platz, vom Platz zum Klo, vom Klo zum Spind, weil wir schon wieder was vergessen haben. Du nimmst uns zwar soziale Kontakte in der Außenwelt, aber schaffst ein ganz neues Universum mit neuen Freunden, die unser Leid teilen. Ein regelrechtes Kuriositätenkabinett an neuen Verbündeten, wovon wir mit vielen wahrscheinlich nie ein Wort gewechselt haben, sondern der stumme Blickwechsel und ein leichtes kapitulierendes Nicken ausreichen, um zu zeigen: I feel you, Fremder.

 

Du verurteilst uns nicht für den Schmarrn, den wir bei dir treiben

 

Bei dir, liebe Uni-Bibliothek, sehen wir Studenten, die Yoga zwischen den Regalen machen, um ihre Beine wieder aus dem rechten Winkel zu kriegen. Wir sehen heimlich knutschende Paare, die sich über Tische hinweg Händchen haltend Kraft schicken. Wir beobachten Gesichtsakrobatiken, die von hochgedrehten Augen und murmelnden Mündern, blanker Wut und Verzweiflung, tranceartiger Ruhe und absoluter Lethargie zeugen. Wir erleben Menschen, deren Klamottenstil von „obdachlos“ zu „Laufsteg“ zu „ismirallesegal“ die ganze Palette zu bieten hat. Ja, sogar schlafende Menschen, die ihren Kopf einfach auf die Tastatur knallen lassen, dürfen wir neidvoll betrachten. Du verurteilst uns nicht dafür, dass wir innerhalb von drei Stunden eigentlich nur Freunde auf Faultiervideos verlinken und uns gleichzeitig zur achten Kaffeepause und Kuscheln auf den Couchen verabreden.

Jeden Tag bei dir zu sein, das ist wie eine soziale anthropologische Studie. Wir lernen, dass Menschen Gewohnheitstiere sind und sich immer den gleichen Platz aussuchen, um für die Klausur zu büffeln. Dass sie die Schuhe ausziehen wollen, wenn sie manisch in den Laptop hacken, und dass manche nur mit wild nickendem Kopf zu Techno-Mukke virtuose Wissenschaft betreiben können. Dass Menschen wahre Gegner des Systems werden, wenn es darum geht, dass sie ihre Schokolade trotz Verbot irgendwie an den Platz geschmuggelt bekommen.

 

Du wirst mir fehlen!

 

Lass dir eines sagen, liebe Bib: In vier Wochen mache ich zwar einen riesen Luftsprung, weil ich meine Abschlussarbeit einreichen werde und dich nicht mehr besuchen muss. Aber du und dieser wilde studierende Haufen – ihr werdet mir fehlen. Meine tägliche Routine, die du mir geschaffen hast. Die Freude, wieder nach Hause zu kommen. Die morgendliche Nachricht „Bist du in der Bib?“ an meine Lieblingsmenschen. Die Kaffee-, Butterbrezen– und Plapperpausen werde ich hart vermissen. All die fremden Gesichter, die mir in den letzten Wochen vertraut geworden sind. All die Stunden bei dir, über die ich zwar gemeckert habe, aber die doch trotzdem irgendwie auch schön waren.

Danke für alles. Du bist eigentlich mehr als okay!