Remake Dschungelbuch Film Serie

“Full House“ und “The Great Gatsby“: Wieso lieben wir Remakes?

Von Anke Waschneck

„Probier’s mal mit Gemütlichkeit, mit Ruhe und Gemütlichkeit…“

(Disney, Das Dschungelbuch, 1967)

Wer kennt ihn nicht: Den gemütlichen Bären Balu aus dem „Dschungelbuch“, der seit 1967 mit seinem beneidenswerten Lebensmotto schon viele Kinder und Erwachsene erfreut hat. Umso skeptischer verfolgt der überzeugte Dschungelbuch-Fan, dass am 14. April 2016 eine neue Version dieses Films in die Kinos kommen wird. Dabei stellt sich die Frage, warum es denn überhaupt Remakes von allen möglichen Filmen gibt. Wird Hollywood etwa einfallslos? Reicht es den Kinobesuchern, aufgewärmte Storys zu sehen, oder steckt da vielleicht doch etwas mehr dahinter?

 

Remake oder Reboot?

 

Ganz allgemein kann man sagen, dass ein Remake eine Neuauflage eines Filmes ist. Beim Dschungelbuch beispielsweise verändert sich nicht die Geschichte, es entsteht jedoch ein ganz eigener Film durch neue technische Möglichkeiten. Im Gegensatz zu der Version von 1967 wird jetzt mit CGI (Computer generated Images) gearbeitet und der Regisseur, Jon Favreau, sagt dazu: „Wir haben bislang nur die Oberfläche angekratzt, was diese Technologie fürs Kino bedeutet. Wir wollten mit diesem Film fotoreale Images auf die Leinwand zaubern, die wir bislang in noch keinem Film gesehen haben“.

Weiterhin gibt es oft auch Remakes von Filmen, die auf einer bestimmten Literaturvorlage basieren. Hier wird häufig nicht direkt auf den vorhergehenden Film zurückgegriffen, sondern auf den ursprünglichen Text. Gerade bei Märchen, deren Textform sehr allgemein gehalten ist, gibt es Interpretationsmöglichkeiten, die einen ganz neuen Film entstehen lassen. Eine besondere Remake-Art stellen auch Zeichentrickfilme dar, die jetzt mit Schauspielern verfilmt werden.

Neben Remakes gibt es auch noch Reboots: Eine Serie oder ein Film wird neu aufgelegt, dabei aber verändert und fortgesetzt. Ein aktuelles Beispiel hierfür ist „Fuller House“, die Fortsetzung der 80er Serie „Full House“. Die Schauspieler bleiben die gleichen und werden ergänzt, die Story wiederholt sich mehr oder weniger. Die Serie „Baywatch“ wird als Film neu produziert und dadurch zwar fortgeführt, aber auch grundlegend verändert.

 

Warum Hollywood Remakes liebt

 

Einfallslos und faul sind sie in Hollywood geworden. Alte Filme nehmen, neue Schauspieler einsetzen, das spart Geld und Zeit. Das könnte man behaupten, aber so ganz stimmt es eben doch nicht.

Produktionsfirmen interessieren sich besonders für Remakes, weil sie ein kalkulierbares Risiko darstellten. Nico Hofmann, einer der bekanntesten deutschen Produzenten, bringt es in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung auf den Punkt: „Für die Produktionsfirmen entscheidet der globale Vertriebsgedanke“. Bekannte Literaturvorlagen oder erfolgreiche Filme haben ihre Fans, die sich sicherlich auch das Remake nicht entgehen lassen werden. Damit sind Remakes für Produktionsfirmen ein relativ gut kalkulierbares Vergnügen, wie auch Thorsten Hennig-Thurau, Professor für Marketing an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, betont: „Das Geschäft mit neuen Kinofilmen birgt ein hohes Maß an Unsicherheit“, sagt er im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung „Wegen dieser Unsicherheit setzen die Studiobosse auf Fortsetzungen, Literaturverfilmungen und eben Remakes“. Wenn die Hauptrolle dann noch mit einem Publikumsmagneten besetzt wird, wie zum Beispiel Leonardo DiCaprio in „The Great Gatsby“, dann steht dem Erfolg des Remakes wenig im Wege.

 

Würdigung an das Original

 

Gerade „Das Dschungelbuch“, das schon viele Generationen erfreuen durfte, ist sehr bekannt und die Geschichte ist fertig „aufbereitet“. Hier kann Hollywood die ausgereifte Geschichte nutzen und muss sie nur technisch neu erfinden und fertig ist der Kino-Hit. Doch nicht nur für Produzenten gibt es Gründe, Remakes zu unterstützen, auch für Schauspieler und Regisseure ist es aus verschiedenen Hinsichten spannend. So sagt Jon Favreau: „ Am Anfang hatte ich Angst, diesen Klassiker anzufassen. Für mich war das immer eine Art Heiligtum von Disney, ich wollte das Projekt nur dann machen, wenn ich es auch wirklich verbessern konnte.“ Er fügt hinzu: „Ich wollte die Erinnerung an diesen Film würdigen und gleichzeitig zeigen, dass ein neues, junges Publikum Mogli, Baloo und all die anderen Charaktere neu entdecken kann.“ Eine ähnliche Begründung liefert auch Dr. Thomas Morsch, Filmwissenschaftler an der Freien Universität Berlin: „Oft ist es aber sicher so, dass Regisseure, die ja auch Fans sind, zum Beispiel ein Remake eines Films machen wollen, den sie aus ihrer eigenen Jugend kennen. Oder sie haben das Gefühl, einem bekannten Stoff noch mal eine neue Seite abgewinnen zu können.“

Ab 10. Dezember 2015 lief außerdem ein Remake von „Heidi“ in den Kinos – eine weitere Neuverfilmung eines Klassikers. Der Schauspieler des Almöhi, Bruno Ganz, äußert in einem Interview mit dem Merkur seine Sorge zum Film: „Bei Remakes habe ich immer Angst, denn das basiert auf einer erfolgreichen ersten Sache, und natürlich besteht die Sorge, dass die zweite einfach schwächer ist.“

Die Theaterwissenschaftlerin Astrid Matron, die am Lehrstuhl für Geschichte und Ästhetik der Medien an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena arbeitet, weist auch darauf hin, dass es Regisseure gibt, die sogar ihre eigenen Filme noch einmal als Remake produzieren, wie zum Beispiel Michael Haneke („Funny Games“). Sie sagt dazu: „Das hat dann eher mit der eigenen künstlerischen Entwicklung zu tun oder einer Faszination für ein bestimmtes Thema oder einer künstlerischen Herangehensweise.“

 

Warum Zuschauer Remakes mögen – oder eben auch nicht

 

Bei Remakes spalten sich sicherlich die Geister – der eine findet es toll, der nächste sieht darin eine Beleidung des Originals. Am offensichtlichsten ist wohl das Argument, dass dem Zuschauer die Handlung schon bekannt ist und er sich deshalb möglicherweise langweilt: „Vertrautes kann auch langweilig werden, und gerade bei spannungsgeladenen Werken wie Horrorfilmen oder Thrillern nimmt die Kenntnis um die Auflösung etwas vom Sehvergnügen“, stellt Astrid Matron fest. Bei Serien wie „Fuller House“ könnte man vermuten, dass der Zuschauer irgendwann aus der Serie einfach „hinauswächst“ und das Interesse verliert.

Dr. Thomas Morsch wendet dagegen ein: „Aber bei einem Remake wie dem von Full House hat man eher den Eindruck, dass es nicht zuletzt auch um die ehemaligen Fans geht – die Kinder und Jugendlichen im Schulalter, die die Serie früher geschaut haben, sind jetzt im Beruf und befinden sich in der attraktiven Altersgruppe für Werbung, oder, im Falle von Netflix, von Abonnenten. “Außerdem wird zusätzlich nun natürlich eine ganz neue Generation angesprochen, die das Original vielleicht noch nicht mitverfolgt hat. Durch Remakes werden Stoffe modernisiert und an die Zeit angepasst. „An Remakes lässt sich oft schön erkennen, wie sich gesellschaftliche Diskurse mit der Zeit verändern. Remakes aktualisieren, richten den Fokus neu aus und setzen andere thematische Akzente“, erklärt Astrid Matron.

 

Welche Filme wollen wir noch als Remake sehen?

 

Ganz zuletzt stellt sich genau diese Frage: Welche Filme eignen sich für ein Remake und was wollen wir noch sehen? Es gibt verschiedene Studien dazu, welche Merkmale ein Film für ein potentielles Remake erfüllen muss, aber es existiert kein Erfolgsrezept mit Garantie. Eine Studie von der Karlshochschule stellte z.B. fest, dass ein Remake gute Erfolgschancen hat, wenn das Original mindestens 11 oder maximal 30 Jahre zurückliegt, denn wenn der Film zu alt ist, erinnert sich niemand mehr daran und die Besucher, die das Original lieben – beispielsweise „Das Dschungelbuch“ – fallen weg.

Wenn der Film zu neu ist, möchte niemand eine zweite Version davon sehen, da der Zuschauer das Original noch zu präsent hat. Auch die Schauspieler sind wichtig: War die Originalbesetzung zu bekannt und beliebt, wird es das Remake schwer haben. Falls es in 15 Jahren eine neue Version von „The Great Gatsby“ geben wird, so sollten wir uns fragen: Wer wird Leonardo DiCaprio als Jay Gatsby das Wasser reichen können? Remakes sind zwar Wiederholungen, aber trotzdem steckt ein ganz schönes Stück eigener Kunst darin und wir dürfen gespannt bleiben, welche Remakes wir in den nächsten Jahren noch präsentiert bekommen.

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Bildquelle:Tinou Bao via CC BY 2.0